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Essay · von Roland Schappert · S. 222 - 225
Essay ,

Adressaten der Kunst

von Roland Schappert

Wer sind die Adressaten zeitgenössischer Kunst? Was wird verhandelt und worum geht es? Erfahren wir mehr als Illustrationen altbekannter gesellschaftskritischer Reflexionen, Spaß oder unmittelbare Reizbefriedigung? Diese Fragen sind schrecklich. Sie überfordern jeden pseudokanalisierten Diskurs über Kunst ebenso wie die hochmodern anmutende Feststellung einer jungen Galerieaktivistin: „Die Künstlerin thematisiert das Thema.“1

Die Künstlerin thematisiert das Thema. — Mitarbeiterin einer Berliner Galerie

Warum müssen wir immer alles festlegen? Warum halten wir die Dinge und Diskurse nicht etwas offener, lernen voneinander, schauen erst mal in Ruhe, bevor wir senden? Üben uns in natürlicher Neugierde und erfahren zeitgenössische Kunst als Probehandeln der Gesellschaft mit betriebseigenen Mitteln? „Vielmehr scheinen sich Kunst, Musik und Literatur vorwiegend nahe dem fundamentalistischen Pol markierter ambiguitätsfreier Eindeutigkeit einerseits und dem Gleichgültigkeitspol andererseits zu bewegen, der entweder durch Bedeutungslosigkeit oder durch allzu belanglose Eindeutigkeit erreicht wird. Damit geht es Kunst und Musik nicht anders als Religion und Politik.“2 Folgen wir Thomas Bauer, dann befinden sich „Kunst und Musik auf der Suche nach dem Eindeutigen“ und spiegeln als Kontrastmittel zu vermeintlich postmoderner Beliebigkeit und Hyperkultur das neue allgemein gesellschaftliche Phänomen Die Vereindeutigung der Welt, wie der Titel seines Buches von 2018 (SPIEGEL-ONLINE-Bestseller) unmissverständlich nahelegt. Mit Bauers Thesen begeben wir uns mitten in die Debatte über Istzustand sowie Sollzustand von Kunst und Gesellschaft. Vereinheitlichungen, Anpassungen, abnehmende Ambiguitätstoleranz, zunehmende Fundamentalisierungen einerseits und andererseits Gleichgültigkeitszustände innerhalb unterschiedlichster Teil systeme der westlichen Gesellschaften werden beklagt. Die als positiv empfundenen Anforderungen eines Sollzustandes an Kultur- und Kunstproduktionen sowie deren Rezeption bleiben jedoch bei Bauer und…

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von Roland Schappert

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