5. Ästhetik des Ganzheitlichen
Nur der im Vollbesitz seiner Kräfte befindliche Geknechtete vermag die Vorstellung von Freiheit zu entwickeln. Das faszinierte bereits Camus, der im mythischen Sisyphos einen Helden des Absurden sah. Sein Interesse allerdings galt weder dem eigennützigen Lebenskünstler noch der Ursache seiner Verdammung, sondern dem Bestraften, der das Leiden überwindet, weil er die Situation, in die er geworfen wurde, akzeptiert. Der antike Heros wird in der existentialistischen Interpretation zum Symbol menschlicher Befindlichkeit schlechthin.
Edith Almhofer
Die Kunst am Ende der Moderne ist in eine Phase der erweiterten Selbstreflexion getreten, sprengt aber auch immer öfter die Grenzen zu allen Bereichen der gesellschaftlichen Realität. Im scheinbar tautologischen Prozeß einer sprachlichen Kombinatorik liegen die schöpferischen Kräfte für eine Erneuerung ästhetischer Leitvorstellungen verborgen. Mit der Kunst der Gegenwart formiert sich eine tiefgreifende Bewegung, die von der Objektivierung und allgemeinen Ästhetisierung der Lebenswelt zu einer Ästhetik der Existenz vordringt.
Rolf Lauter