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Ausstellungen: Sindelfingen · S. 388 - 388
Ausstellungen: Sindelfingen , 1989

Johannes Meinhardt
Abgebrochen (oder) aufgebrochen

Ulrich Rückriem und Lawrence Weiner

Die Kleinstadt Sindelfingen südlich von Stuttgart ist bekannt durch Daimler-Benz und IBM; sie ist eine der reichsten Städte der BRD. Die Stadt zeigt sich als ein völlig unstrukturiertes wildes Durcheinander von Industrieflächen, Wohngebieten, Banken- und Versicherungs-Neubauten und einer kleinbürgerlich-bäuerlichen Altstadt, die in Teilen vor sich hin zerfällt, in anderen Teilen bis vor kurzem abgerissen und durch Neubauten ersetzt wurde und in den letzten Jahren auf eine Weise saniert wird, die die Altstadt garantiert erwürgt. Inmitten dieses Gemenges von verkommenden Altstadthäusern, in anderem Sinne verkommenen Neubauten und supersauber und chemisch rein zurechtsanierten Fachwerkhäusern gibt es einige Stellen, die die realen kleinstädtischen Bedingungen und Lebensformen noch erkennbar werden lassen, die den Häusern ihre Geschichte zugestehen und die den Gebrauch, der von ihnen gemacht wurde und gemacht wird, weder verleugnen noch simulieren. Eine dieser Stellen ist der Platz vor dem alten Salzhaus, einem erträglich instandgesetzten Fachwerkbau auf einem hohen Bruchsteinsockel, in dem sich heute das Heimatmuseum befindet. Dieser Platz ist erst 1963 durch den Abriss zweier Häuser entstanden und diente als Parkplatz; 1986 wurde der Parkplatz aufgehoben. Der Platz sollte gemäss dem allgemeinen Design der Altstadtsanierung ansprechend und tourismusfördernd neu gestaltet werden, in Korrespondenz mit einem zweiten neuge- schaffenen Platz, dessen Trostlosigkeit heute nur noch von der eines an seinen Rand verpflanzten Tagelöhnerhäuschens übertroffen wird, das durch Verpflanzung und Neuaufbau zu einem perfekten authentischen Simulakrum geworden ist.

In diesem Sinn ist der Platz vor dem alten Salzhaus sicher nicht authentisch, da er erst 1963 entstand; doch…


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