Raimar Stange
Angst- und konfliktbereit(et)
I. Theoretisch
Eine altbekannte politische Strategie: die demagogische Erzeugung von Angst, Hass und Schrecken durch die kalkulierte Schaffung von inneren und äußeren Feinden. Diese von den jeweils Herrschenden zu Feinden erklärten werden dabei oftmals nicht nur durch Menschenrechte verletzende Gesetze und gezielter Medienarbeit dämonisiert und pathologisiert, sondern zudem verfolgt und mit Kriegen bekämpft. Ziel ist es, so von den tatsächlichen Problemen der Menschen abzulenken, damit sie sich in unterwürfige und verängstigte Bürger verwandeln. Wie die politische Reaktion auf „NineEleven“ 2001 in den USA gezeigt hat, ermöglicht die Erzeugung von nationaler Hysterie, Chauvinismus und Hass zudem den Abbau und die Einschränkung von einst verbrieften Bürgerrechten und Sozialleistungen sowie den konsequenten Ausbau von neuen staatlichen Instrumenten zur (klammheimlichen) Kontrolle der Bevölkerung. Der US-amerikanische Linguist und Politikwissenschaftler Noam Chomsky zum Beispiel wird in seinen Schriften nicht müde solche Prozesse der „Angst-Doktrin“ (frei nach Naomi Klein) zu analysieren.1 Dass diese Strategie offensichtlich gut funktioniert, liegt nicht zuletzt daran, dass die Angst, so der Philosoph Sören Kierkegaard, ein dem Menschen eigentümlicher psychischer Zustand ist, der ihn vom Tier etwa unterscheidet: „Angst ist die Wirklichkeit der Freiheit als Möglichkeit für die Möglichkeit. Man wird darum beim Tier Angst nicht finden, eben weil es in seiner Natürlichkeit nicht als Geist bestimmt ist.“2 Diese Disposition des Menschen, seine Möglichkeit des freien Geistes, nutzt die politische Strategie des Angstmachens als fundamentale Basis, um ihn dann gezielt in den Zustand einer geistlosen Unfreiheit zu versetzen.
II. Vom Schurkenstaat
Jeder sechste Einwohner New Yorks lebt unterhalb der Armutsgrenze, ein Prozent…