MICHAEL HÜBL
AUGENBLICKLICH.
RADIKAL.
FLUID.
Die Malerei als neues Medium und ihre Rolle in der zeitgenössischen Kunst
Kalkulierte Enttäuschung: Wer das Kunsthaus Bregenz besucht, darf auf sinnliche Erlebnisse der besonderen Art eingestimmt sein. Künstlern wie Daniel Buren, Anish Kapoor oder Wolfgang Laib gelang es, zwischen ihrer Arbeit und der elaborierten Architektur von Peter Zumthor eine Synthese herzustellen, so dass sich die veredelte Askese des Bauwerks und die je spezifischen ästhetischen Interventionen wechselseitig zur Geltung brachten, wenn nicht sogar in ihrer Mitteilungsfähigkeit verstärkten. Großen Zuspruch erhielt “The mediated motion” (2001) von Olafur Eliasson. Er hat den gegen die Außenwelt abgeschirmten Kubus, dessen gläserne Hülle nicht Transparenz meint, sondern “Verschuppung”1, in ein poetisches Laboratorium intensivierter Wahrnehmung verwandelt, das mit präzisen, naturwissenschaftlich begründeten Mitteln das sensuelle Empfinden der Besucher aktivierte. Im Jahr darauf ging Pierre Huyghe noch weiter, indem er “L’expédition scintillante” als multimediales Musical mit künstlichem Regen, mit Eis, Filmausschnitten, Fotos und Lightshoweffekten inszenierte. Ganz anders Santiago Sierra: Er hat sich jeder Einlässlichkeit – mag sie laut daherkommen oder leise – schlichtweg verweigert. Seine Arbeit “300 Tonnen/300 Tons” besteht aus grauen, grobkörnigen Betonsteinen, die im dritten Geschoss des Kunsthauses würfelförmig aufgeschichtet sind – insgesamt 292.000 Kilogramm. Unten, am Eingang, registriert ein Zählwerk die Kunstinteressenten: Mehr als 100 dürfen es nicht sein, damit die Belastung der Decken die als zulässig errechneten 300 Tonnen nicht übersteigt. Andernfalls versagt die Statik.
Zur Sicherung gegen einen möglichen Einsturz wurden im Erdgeschoss, sowie in der ersten und zweiten Etage provisorische Stützen eingezogen. Sie übernehmen zugleich dramaturgische Funktion, denn als…