Ausstellen als …
Bilder eines künstlerischen Handlungsfelds
von Gudrun Ratzinger und Franz Thalmair
Friedrich Kiesler publizierte 1925 in der Kunstzeitschrift „De Stijl“ in zwei aufeinanderfolgenden Beiträgen Ausstellungsansichten. Im ersten Beitrag lag der Fokus auf der von ihm entworfenen Ausstellungsarchitektur, in der es 600 Objekte wie Entwurfszeichnungen, Plakate, Fotografien, Figurinen und Modelle zum zeitgenössischen Theater zu präsentieren galt. Dieses Leger- und Trägersystem aus horizontalen und vertikalen Präsentations flächen ermöglichte es, die Exponate so anzuordnen, dass sie autonom oder im Kontext mit anderen betrachtet werden konnten. Kieslers zweiter Beitrag in derselben Ausgabe von „De Stijl“ war hingegen ein urbanistisches Manifest. Die in den Ausstellungsansichten dokumentierte Architektur fungierte in diesem Fall als Modell für eine zukünftige Raumstadt, ein neuer Typ urbaner Siedlung, die dem Visionär zufolge „die Lösung des Verkehrs- und Hygieneproblems bringen [würde], die Mannigfaltigkeit des Privatlebens ermöglichen und die Freiheit der Masse“.1 Ein und dieselbe Architektur hatte innerhalb von Kieslers Argumentation also sowohl die Funktion eines Ausstellungsdisplays wie auch eines autonomen Anschauungsobjekts.
An Friedrich Kieslers Ausstellungsgestaltungen lässt sich die Bandbreite dessen darlegen, was der Begriff des „Ausstellens“ alles zu umreißen vermag.
An Friedrich Kieslers Ausstellungsgestaltungen lässt sich die Bandbreite dessen darlegen, was der Begriff des „Ausstellens“ alles zu umreißen vermag: Es geht um das Aufgreifen von Gelegenheiten, das Schaffen von Räumen und das Generieren von Situationen, damit Personen und Objekte überhaupt aufeinandertreffen können. Des Weiteren geht es um Netzwerke, um die Auswahl künstlerischer Positionen, um die Präsentation von Einzelwerken und die Sichtbarmachung von Zusammenhängen. Und schließlich geht es um die Arbeit an der Form der…