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Magazin · von Jochen Becker · S. 467 - 468
Magazin , 1999

Ausstellungsunternehmen

Hilmar Hoffmann (Hg.): Das Guggenheim-Prinzip

“Lieber will ich in Italien vor verschlossenen Kirchen und bestreikten Museen stehen, als nach Essen zu reisen, um in der Villa Krupp … die Pietà von Michelangelo sehen zu können”, zitiert Kunstberater Christoph Graf Douglas die Prinzipien seines Vaters. Doch die New Yorker Stiftung ist nicht Krupp: Zwar entstammt Solomon Robert Guggenheims Reichtum der Konjunktur von Kupfer und anderen Wertstoffen sowie der Ausbeutung von Arbeitskraft, welche nur zu einem Bruchteil in die Kunstwelt hineinfloss. Doch als Kind aus bitterer Schweizer Armut ausgewandeter Eltern gründete er mit seiner Frau Irene 1937 die Stiftung, um die aus Europa vertriebene “entartete Kunst” in ihre Sammlung abstrakter Malerei herüberzuretten. So verblieb Picassos Guernica-Bild bis zur Demokratisierung Spaniens bei Guggenheims im Exil. Der Coup einer Überführung ins neugebaute Guggenheim Bilbao scheiterte allerdings. Nun verleiht die Stiftung für viel Geld die vormals aus Europa verdrängte Kunst an Museen dieses Kontinents. Die von Marcel Duchamp betreute Sammlung der Nichte Peggy Guggenheim – das Erbe stammte von Vater Benjamin, der die Titanic nicht überlebte – wurde nach ihrem eigenen Tod Stiftungseigentum und ist somit im nach ihr benannten Museum in Venedig auch nur zu Gast. Die Klage der Erben gegen die Mobilität der Kunst fand vor Gericht kein Gehör.

“Wir sollten … nicht gleich alarmistisch überreagieren”, schreibt Herausgeber Hilmar Hoffmann in der Einleitung zum ,Guggenheim-Prinzip’, was als Auftragsbuch des Verlags zur “Pro- und Kontra-Diskussion” der “expansiven Pläne und extensiven Praktiken der New Yorker Guggenheim-Foundation” rasch produziert wurde. Zwischen bildungsbürgerlicher Skepsis, vorauseilender Affirmation und Seilschaftsreportage bewegt…

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