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Ausstellungen: Aachen · S. 354 - 355
Ausstellungen: Aachen , 1987

Sabine Schütz
Blalla W. Hallmann

Neuer Aachener Kunstverein, 14.3. -14.4.1987

Ein lebensgroßer, blau angelaufener Schmerzensmann, ausgemergelt und dornenbekrönt, empfängt den Ausstellungsbesucher mit hängendem Haupt. Jesus kotzt – lauter kleine, schwarze Kreuze fallen aus seinem geöffneten Mund. Ihm ist schlecht, und das ist kein Wunder angesichts der Überfülle an obszöner Blasphemie, die den armen Gekreuzigten hier umgibt. Eine Ausstellung mit Bildern und Plastiken von Blalla (Wolfgang) Hallmann, das ist eine Herausforderung an den Geschmack, die auch den abgebrühtesten Betrachter nicht kaltlassen kann. Dabei sind die Tabuverletzungen, mit denen Hallmann sein Publikum schonungslos konfrontiert, keineswegs immer so marktschreierisch und plakativ wie der magenverstimmte Heiland; seine Teufel stecken im Detail. Auf den ersten, flüchtigen Blick wirken seine Bilder, ob ihrer kunterbunten und detailreichen Fülle, eher niedlich und naiv. Doch wehe dem, der einen zweiten Blick riskiert: Ihm offenbart sich eine surreale Welt, in der sich abgrundtiefes Grauen und maßlose Sinneslust fröhlich miteinander vereinen. »Die Umwandlung unwerten Lebens in hochwertige Fleischkonserven« heißt ein Bild von 1985, auf dem – man traut seinen Augen nicht – verhungerte Bewohner der Dritten Welt von bienenfleißigen Europäern durch den Wolf gedreht werden. Auf einem kleinen Drehstuhl sitzt »Michel, der Mohrenkopfesser«, ein wasserköpfiges, nacktes Baby, fett und bleich wie ein Engerling. Versonnen spielt Michel mit seinem Penis, während er sich einen dicken Mohrenkopf in die verschmierte Schnute schiebt. Ob Wohlstandsbürger, Polizist, Minister oder Stammtischbruder – bei Hallmann kriegen alle ihr Fett – und nicht zu knapp. Seine zynischsten Plastiken und Bilder aber behandeln den Klerus, dessen heuchlerische Prüderie der Maler mit…


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