Heinz Schütz
Brief aus New York
Die Kunstmaschinerie
Im ästhetischen, soziologischen und ökonomischen Diskurs rumoren gegenwärtig Beghffe wie Olobalität, Nomadismus, Peripherie, Vernetzung, Digitalisierung. Sie reflektieren nicht zuletzt die Gleichwertigkeit der Orte, die Aufhebung von Zentren, das Verschwinden der Körper. Davon unbeeindruckt lebt der Mythos von New York als Hyperstadt und Kunstmetropole fort.
Der Körper der Stadt zeigt sich ungebrochen und, zumindest aus der Ferne, in bizarrer Schönheit. Nähert man sich etwa von New Jersey her, liegt Manhattan auf der anderen Seite des Hudson als Insel über dem Wasser. In der Dämmerung äbnelt es einem grauen Kristall, der durchsetzt ist mit Myriaden von Lichtpunkten. Wird es dunkler, wirken sie wie Pixel die sich zu einem gigantischen Stadt-Bildschirm addieren.
Immer noch, auch wenn sich heute nostalgisch-museale Untertöne einmischen und die Wolkenkratzerballung längst als kapitalistische Errektion entlarvt wurde, fasziniert Manhattan als realgewordene Stadtutopie des 20. Jahrhunderts, als architektonische Sensation, vergleichbar den ägptischen Pyramiden und gotischen Kathedralen, als ein Megazeichen für Stadt, das tief ins Unbewußte eingedrungen ist und dort, den Unterschied von Bild und Vorbild ignorierend, mit Filmstädten wie Gotham City und Metropolis verschmilzt.
Der Mythos New York funktioniert als Kunstmaschinerie, die nun nach dem Zusammenbruch des Marktes in den achtziger Jahren wieder auf Hochtouren läuft. Wie in keiner anderen Stadt ballen sich hier die Ateliers, die renommierten Namen der internationalen Kunstszene, die Ausstellungen, die Museen, die Galerien – allein der “Oallery Guide” zäblt über 600. Nicht zuletzt leben hier immer noch jene Künstler, die wesentlich an der Durchsetzung eines von New York geprägten Kunstparadigmas beteiligt waren, und…