Köln
Chargesheimer
Museum Ludwig 27.04.–10.11.2024
von Jürgen Raap
Chargesheimer (eigentlich Carl-Heinz Hargesheimer, 1924 – 1971) war zwar künstlerisch vielseitig interessiert, als Fotograf, Metallbildhauer, Bühnenbildner und Theaterregisseur. Dennoch konzentriert sich aus Anlass seines 100. Geburtstags die Ausstellung im Museum Ludwig vor allem auf die drei Fotobände Cologne intim (1957), Unter Krahnenbäumen (1958) und Köln 5.30 Uhr (1970). Sie werden in Form von Papierabzügen und als Abfolge von digitalisierten Bildbeispielen aus diesen Büchern präsentiert, ergänzt um einen Film, den Adalbert Wiemers 1989 für den WDR Köln erstellte.
Die Aufnahmen zeigen in atmosphärischer Dichte Straßenszenen mit einer Fronleichnamsprozession, einem Kirmesfest oder den Katholikentag als Massenveranstaltung. Zu sehen sind jedoch ebenso Porträts, bei denen der Fotograf Einzelpersonen aus dem jeweiligen Milieuhintergrund heraushebt, etwa den Zeitungsverkäufer auf der belebten Schildergasse, oder ein Paar am Kneipentresen, das sich küsst.
In solchen Aufnahmen ist eine soziale und räumliche Nähe des Fotografen spürbar, aber keine paparazzihafte Aufdringlichkeit, kein peinlicher Voyeurismus. Das konnte bildästhetisch so nur gelingen, weil Chargesheimer zeitweise selbst in diesem Milieu lebte und dort akzeptiert wurde. So sind diese Aufnahmen in bildjournalistisch-reportagehafter Hinsicht in höchstem Maße „authentisch“ – da ist nämlich nichts inszeniert, nichts stilisiert, nichts überhöht oder verklärt. Chargesheimer fotografierte Straßenkinder vor düsteren, rußigen Mauern oder in tristen Hinterhöfen.
In den Trümmerlöchern aus dem Krieg, die es in jenem Viertel hinter dem Kölner Hauptbahnhof noch bis weit in die 1960er Jahre überall gab, sammelten diese Kinder als Zehn- oder Elfjährige rostige Eisenteile, Kupfer- oder Bleirohre, für die sie dann beim Schrotthändler August Kaufen in der Straße Unter Krahnenbäumen Nr. 75…