Düsseldorf
Christoph Schlingensief
Kaprow City
Kunstsammlung NRW, K20 24.04.– 17.10.2021
von Sabine Elsa Müller
Ich sehe was, was Du nicht siehst. Bilder können etwas zeigen, das gar nicht da ist, aber ebenso das tatsächlich Vorhandene verbergen. Die behauptete klare Sichtweise wird von den Bildern in Wirklichkeit verweigert. Diese Erkenntnis, ausgelöst durch die überraschende Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in einer zufällig entstandenen Doppelbelichtung, kann für einen aufgeweckten Siebenjährigen eine Initialzündung bedeuten. So beschreibt es jedenfalls Christoph Schlingensief 2007 in einem Interview mit Cornelius Tittel: Wie sein großes Lebensthema, seine Auseinandersetzung mit dem prekären Wahrheitsgehalt der Bilder durch die Konfrontation mit einem versehentlich doppelt belichteten Film einsetze, den der Vater gedreht hatte, und in dem sich der kleine Christoph selbst begegnet, Wasser trinkend, überblendet von einem aus einer anderen Filmaufnahme stammenden Wasserfall. Zwei Ereignisse, die nichts miteinander zu tun haben und plötzlich eine ganz natürliche Verbindung eingehen.
Es macht also Sinn, wenn Christoph Schlingensief (1960 – 2010) in seiner großen Einzelausstellung „Querverstümmelung“ 2007 / 2008 im Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich diesen nicht von ihm selbst gedrehten, aber für seine künstlerische Haltung ausgesprochen wichtigen Super-8-Film aus dem Jahr 1967 an den Anfang stellt. Dass die Re-Inszenierung des Kernstücks der Züricher Ausstellung, „Kaprow City“ in Düsseldorf anderen, den Raumverhältnissen geschuldeten Prämissen folgt, tut ihr keinen Abbruch. Der Film wird hier zur Klammer zwischen den einzelnen Ausstellungs-Kompartimenten und damit ähnlich bedeutsam.
Vom Film, mit dem sich Schlingensief, angeregt durch den Vater, schon von klein auf beschäftigte, kam er zum Theater. Seit 1993 arbeitete er an der Berliner Volksbühne, von…