Wien
Cybernetics of the Poor
Kunsthalle Wien 18.12.2020–25.04.2021
von Ursula Maria Probst
„Wenn Regierung und Markt, wenn Macht sich kybernetisch organisiert, bleibt der Kunst nur eines: Sie wird eine Kybernetik der Armen“, formulieren Diedrich Diederichsen und Oier Etxeberria manifestartig ihr einleitendes kuratorisches Statement zur Ausstellung „Cybernetics of the Poor“ in der Kunsthalle Wien, die eine Koproduktion mit dem Tabakalera International Centre for Contemporary Culture, Donostia / San Sebastián ist. Intensiv wurden dafür Forschungen über die Ursprünge der Kybernetik in den 1940er Jahren, deren Position zwischen dystopischen (Überwachung und Kontrolle) und utopischen (Abschaffung von Hierarchien und Hegemonien durch partizipatorische Gesellschaftsformen) Szenarien in den 1970er Jahren sowie zur Anwendung von Kybernetik und Gegenkybernetik in künstlerischen Strategien betrieben.
Nach ihrem Begründer Norbert Wiener ist Kybernetik die Wissenschaft der Steuerung und Regelung von Maschinen und deren Analogie zur Handlungsweise von lebenden Organismen (aufgrund der Rückkoppelung durch Sinnesorgane) und sozialen Organisationen (aufgrund der Rückkoppelung durch Kommunikation und Beobachtung). Stichwörter wie Sammeln, Messen, Regulieren, die Übertragung von Informationen tauchen in diesem Kontext auf. Das lukrative Geschäft mit Daten, welche die Manipulation menschlichen Verhaltens vorantreibt, blüht im digitalen Kapitalismus. Obwohl wir zu Beginn gleich mit der Erkenntnis konfrontiert sind, dass eine „Kybernetik der Wirklichkeit“ sich tief in die Strukturen unserer Gesellschaft und der Kunst eingefressen hat, treffen wir in der Ausstellung durch 33 künstlerische Positionen auf Formen von Alternativ- und Gegenkybernetiken, welche hartnäckig versuchen, drohende Szenarien der totalen Technikkontrolle zu subvertieren.
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