Heinz Schütz
Damenwahl
Rita McBride & To Be Announced
Kunstverein München, 15.1. – 7.3.1999
Das Konzept der Ausstellungsreihe “Damenwahl” ist simpel: An verschiedenen Kunstinstitutionen quer durch ganz Deutschland stellt jeweils eine andere Künstlerin zusammen mit einem Künstler ihrer Wahl aus. Der Titel “Damenwahl” geriert sich ironisch und bringt im Verweis auf den Paartanz Geschlechterrollen ins Spiel. In traditionellen Tanzveranstaltungen wird mit der Damenwahl das etablierte Rollenmuster männlich=aktiv versus weiblich=passiv (scheinbar) durchbrochen. Die Dame, die gewöhnlich zum Tanz aufgefordert wird, kann bei Damenwahl selbst die Initiative ergreifen. Allerdings, ähnlich wie im Karneval, wird durch das Exzeptionelle des Vorganges die durchbrochene Regel indikret bestätigt und verstärkt. Tanzrituale, wie die Damenwahl, wirken vor der Folie der gegenwärtig dominierenden Single-Tanzpraxis als nostalgische Rituale und, übertragen auf die Kunstpraxis, zeichnet sich, was öffentliche Präsenz anbelangt, zumindest bei der jüngeren Generation von Künstlern und Künstlerinnen, eine selbstverständliche Gleichwertigkeit ab. Vor dieser Folie geht der Titel zum Evozierten auf ironische Distanz – so scheint es. Zieht man in Betracht, daß die Ausstellungsreihe tatsächlich praktiziert, was ihr Titel persifliert, verflüchtigt sich die Ironie rasch. Die konzeptionelle Vorgabe reproduziert traditionelle Muster paarigen Verhaltens. Was ein Beitrag zur Genderdebatte sein könnte, erweist sich als pragmatische Strategie, die mit minimalem Aufwand größtmögliche Breitenwirkung erzielt und in der Tat, mit “Damenwahl” erklimmt das Siemens Kulturprogramm eine neue Stufe firmengesteuerter Kulturpolitik. Während der klassische Mäzen früher ungenannt im Hintergrund wirkte, der klassische Sponsor Kunstprojekte unterstützte, um dafür mit seinem Logo in Erscheinung zu treten, setzt das Siemens Kulturprogramm die sich bereits in “Deep Storage” klar…