Ja, zahlreich sind die Einwände, die wider diesen Theoretiker vorgebracht werden können: daß sein Blick zu finster sei, daß er übertreibe und à outrance verfälsche, daß ihm jeder Sinn für die Schlupflöcher fehle, daß er zu wenig Realist sei oder daß er zu schwarz sehe, und so endlos immer weiter. Alles in allem liegt natürlich ein Körnchen Wahrheit in diesen Anschuldigungen, aber es ist festzuhalten, daß seine Vision von der Entfremdung, die Freiheit restlos verschlingt, als gruseligste aller möglichen Vorwarnungen ihre Gültigkeit behält. Seiner Diagnose vorzuwerfen, sie verfälsche den wahren Stand der Dinge, weil sie die rettenden Nischen des Freiseins von Diktaten übersehe, trifft nicht den eigentlichen Kern der Analyse und deren Zuspitzung.
3. Wenn Hunde sich wie Menschen verkleiden – oder William Wegman, der humorige Wahrlügner
Sie bringt uns, wie im Fall von William Wegman, in Distanz zu dem, was uns so geläufig ist, daß wir es in seiner unselbstverständlichen Selbstverständlichkeit hinnehmen. Die Komik verspricht in den Widerstand zu gehen. Auf jedem Bild des Fotografen William Wegman blicken wir auf schön Konstruiertes. Alles ist eigens für die Aufnahme arrangiert, also absichtsvoll zusammengefügt, erdacht und erlesen – und kalt. Wegman, der berühmte, 1943 in Holyoke geborene Mann mit Hund, lügt Unmögliches wahr. Der Video- und Fotokünstler, Zeichner und seit 1985 auch Maler kaufte sich 1970 auf Wunsch seiner Frau einen in offenkundiger Hommage “Man Ray” genannten Weimaraner, also einen Jagdhund, den er in allerlei Verkleidungen vor die Kamera zerrte. Daß er in der tapsigen Kreatur eines Tages sein Alter ego entdecken würde,…