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Titel: Globale · von Peter Weibel · S. 28 - 31
Titel: Globale , 2015

Das neue Kunstereignis im digitalen Zeitalter: die GLOBALE

von Peter Weibel

„Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit” Matthäus 5,6

Wenn Sie die folgenden Seiten bzw. zweidimensionalen Räume des Kunstforums lesend betreten, treten Sie wirklich in eine Zeitenwende ein: in das 21. Jahrhundert.

Sie werden dort künstlich geschaffene Mikroben sehen, die verschmutztes Wasser reinigen. Sie sehen, wie in nanotechnologischen Fabriken aus dem Feind CO2 der Freund gemacht wird, indem es unter Zugabe von Wasser und Solarenergie zur Erzeugung synthetischer Brennstoffe verwendet wird. Sie sehen Materiezustände, die sich den Erfordernissen des Menschen anpassen. Sie sehen, wie winzige Bewegungen eines Ohrs riesige Flügelapparate in Bewegung versetzen. Sie sehen Lösungen für die Probleme des 20. Jahrhunderts – erschaffen von einer neuen Allianz zwischen Kunst und Wissenschaft, der Renaissance 2.0.

Der Künstler der Moderne hat sich vorwiegend nur selbst ausgedrückt, er war auf der Suche nach dem Ich oder der Eigenwelt der Darstellungsmittel. Der Künstler des 21. Jahrhunderts ist auf der Suche nach der Welt. Im geht es um Welterfassung und Welterschließung, nicht nur um Selbsterschließung.

Sprache war für Jahrtausende das Medium der Welterfassung und -beschreibung.

Am Anfang der Anthropogenese gab es vor allem Dinge und Wesen. Der Mensch versah die Lebewesen und Dinge mit Namen und die Beziehungen zwischen Worten und Dingen haben für Jahrtausende die Kultur und die Zivilisation geprägt. Deshalb heißt es in der Bibel: „Am Anfang war das Wort” und noch bei Ludwig Wittgenstein „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt” (TLP, 1921/22). Auch zeitgenössische philosophische Bücher heißen immer noch Word and…

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