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Titel: Betriebssystem Kunst · von Thomas Wulffen · S. 95 - 99
Titel: Betriebssystem Kunst , 1994

Dellbrügge/de Moll

Von Thomas Wulffen

Für die Ausstellung `30 11` in der Pariser Galerie des Archives entwarfen Christiane Dellbrügge und Ralf de Moll eine einfache Postkarte mit einem Fliessdia-gramm, übertitelt “Der Papierkorb”. In diesem Diagramm ist das Schicksal vieler künstlerischer Ideen ablesbar. Am Anfang steht der Künstler, am Ende der Kompost. Auf der Rückseite der Karte ist zu lesen: “Im Rahmen der Ausstellung ’30 11′ erwarten wir (die Künstler, T.W.) Informationen und Materialien über ihre künstlerische Arbeit.” Die Künstler erhielten nichtsdestotrotz Informationen.

Das Künstlerpaar arbeitet im System am System. Grundlage dafür ist die genaue Beobachtung der unterschiedlichen Prozesse und Regeln, die das Betriebssystem aufrechterhalten. Die Beobachtungsergebnisse sind dabei sehr unterschiedlich, ebenso wie die Beobachtungsfelder. Das kann genausogut ein Eröffnungsbüfett anlässlich einer Ausstellung sein wie der Versuch, mit Hilfe von Sponsoren ein solches Büfett selber zu arrangieren. Im Gegensatz zum üblichen Verfahren, in dem der Misserfolg verschwiegen wird, haben Dellbrügge/de Moll ihren fehlgeschlagenen Versuch an die Öffentlichkeit gebracht. Das Büfett selber sollte in diesem Falle nicht auf ein anderes Ereignis hinweisen, sondern stand für sich selber. Mit der Veröffentlichung der angesprochenen Sponsoren und der verweigerten Unterstützung wird das Täter-Opfer-Verhalten umgedreht. Nicht mehr der Künstler ist das Opfer, sondern der Sponsor.

In ähnlicher Weise funktionierte auch der Zyklus “Schreiben über Kunst”. Dafür entnahm das Künstlerpaar aus bestehenden Artikeln verschiedener Kritiker und Kuratoren jeweils kurze Zitate, die sich auf das eigene Werk bezogen, und schuf daraus eine eigenständige Arbeit. Die Gegenüberstellung unterschiedlicher Sprachstile macht die Vermittlungsebene zeitgenössischer Kunst deutlich. Das Werk “Schreiben über Kunst” thematisiert dies und…

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