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Titel: Bild und Seele · S. 265 - 267
Titel: Bild und Seele , 1989

Annelise Zwez
Der “gewalttätige” Phantast aus der Welschschweiz

ÜBER PASCAL ZOSS

Das bekannteste Schweizer Museum für Art brut hat seinen Sitz in Lausanne. Das wundert nicht. Denn das Waadtland, dessen Hauptstadt Lausanne ist, war immer schon Heimat großer Erzähler, Phantasten und Outsider gewesen. Wer weiß, vielleicht haben sich Bilder-Menschen zu Zeiten des puritanischen Reformators Calvin aus dem benachbarten Genf ins große Wein-Land ob dem Genfersee zurückgezogen, wer weiß, vielleicht hat Dionysos, der Weingott, sie inspiriert. Pascal Zoss (*1959) lebt in dieser Tradition.

Die Bedeutung und Verwurzelung in dieser Tradition wurde dem Pastorssohn während seiner Ausbildung an der Kunstakademie in Genf (1978-82) erst eigentlich bewußt. “Alles, was ich gelernt habe, habe ich anderswo oder aus Opposition erworben”, erzählt Pascal Zoss. Die erste, die auf die einzelgängerischen, Sanftheit und erotomanische Gewalt zusammenbringenden Farbstiftzeichnungen aufmerksam wurde, war Erika Billeter, die Konservatorin des Lausanner Kunstmuseums. Sie bot dem damals 27jährigen schon nach einem ersten Atelierbesuch im kleinen, abgelegenen Bauerndorf Les Cullayes ob Lausanne eine Ausstellung in ihrem Museum an (4. Dezember 1986 bis 18. Januar 1987). Die welsche Kunstkritik reagierte negativ moralisierend. Sie zog allerlei Vergleiche – von Hieronymus Bosch über Dali bis Bellmer – heran, um ihn einzukreisen. Es war von Grausamkeit, von Perversität, von Sado-Masochismus die Rede. Niemand wies auf Klossowski hin, niemand mochte das Spannungsfeld, die Schizophrenie zwischen den sanften, feinfarbigen, nervig gezeichneten Formen und den phantasmorgiastischen Inhalten als Brisanz der Arbeiten zu erkennen. Ein Film im Schweizer Fernsehen zeichnete ein sympathisches, aber völlig verfehltes Bild des Künstlers, indem es sich auf die Ästhetik…


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