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Ausstellungen: Bonn · von Jürgen Raap · S. 308 - 309
Ausstellungen: Bonn , 2016

Der Rhein –  Eine europäische Flussbiografie

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland 09.09.2016 – 22.01.2017
von Jürgen Raap

1953 malte Max Ernst den „Vater Rhein“ als imaginäre Landschaft mit lasierendem Farbauftrag in abstrahierendem Duktus. Nach Jahren des Exils in den USA und der Rückkehr nach Europa schuf der aus Brühl (zwischen Köln und Bonn gelegen) gebürtige Maler das Bild als Erinnerung an seine rheinische Heimat. In der Malerei des 19. Jh., z.B. bei Moritz von Schwind, ist der „Vater Rhein“ ein Flussgott, dessen Haupt mit Weinlaub bekränzt ist. Ein solches Motiv eignete sich zur bildlichen und musikalischen Verkitschung in Richtung einer „Rhein, Wein und Mägdelein“-Folklore, die man auch heute noch zwischen Rüdesheim und dem Siebengebirge bei Weinfesten zelebriert, mit Winzerkönigen in ähnlicher Kostümierung wie in dieser Malerei. Dabei war die ab etwa 1800 einsetzende Rheinromantik keine Erfindung regionaler Dichter, sondern ein Marketinggag britischer Tourimusmanager, die sich als erste die damals neuartige Dampfschifffahrt auf dem Rhein zunutze machten.

Die Künstler des 20. Jh. haben sich an dieser Trivialisierung von Landschaftsromantik gründlich abgearbeitet, indem sie bewusst Gegenbilder schufen: in einer Fotoarbeit von Andreas Gursky (1996) tauchen eben keine Burgen und Weinberge auf, sondern karge horizontale Uferstreifen und Deiche in einer flachen, weiten Landschaft, wie sie am Niederrhein und in Holland typisch ist. Joseph Beuys füllte 1968 für ein Multiple „vergiftetes Rheinwasser“ in Flaschen ab, und Dieter Roth schuf 1993 aus Holz, Spielzeugautos, Süßwarenverpackungen und Zucker eine Modelllandschaft vom Rheintal, die vermüllt und zersiedelt wirkt, und in der Verkehrsunfälle und Schiffskatastrophen passieren.

Die Bonner Dokumentation einer „europäischen Flussbiografie“…


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