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Titel: documenta 8: Kunst auf dem Prüfstand · S. 358
Titel: documenta 8: Kunst auf dem Prüfstand , 1987

Katharina Hegewisch
Die uneingestandene Sehnsucht nach dem Gestern

Versteckte Aussagen des Documenta-Kataloges

»Form follows function« lautete die Devise des Bauhauses, »form follows content« scheint Leitsatz der meisten documenta-Künstler zu sein. Während sich die Beziehungen zwischen Form und Funktion – im Idealfall zumindest – auch für den Laien verständlich gestalten, bedürfen jene zwischen Form und Inhalt oft weitläufiger Erklärungen. Manfred Schneckenburger und sein Team haben diesem Umstand konsequent Rechnung getragen. Noch nie gab es eine documenta, die den, wie es an einer Stelle heißt, »Anspruch des Benutzers auf Information« derart ernst genommen hat. Eine in vier Nummern erscheinende Zeitung, documenta-press genannt, soll den Ablauf der Ausstellung dokumentieren und auf jeweils Aktuelles hinweisen. Eine »audiovisuelle Wand«, auf der Interviews mit Künstlern, Berichte und Kommentare gezeigt werden, bietet eine kostenlose Einführung in Grundgedanken und Zielsetzungen der »d8«. Günter Melkens handlicher »Führer durch die Ausstellung« liefert – einen Rundgang beschreibend – dem Wanderer durch Fridericianum und Orangerie kurze, aber sehr dichte Erklärungen zu den einzelnen Werken. Der dreibändige Katalog schließlich versucht, den historischen, soziologischen, philosophischen und individuellen Hintergrund der Exponate auszuleuchten.

Der Aufbau dieser wichtigsten Publikation zur »d8« folgt erfreulicherweise klassischen Mustern. Band I enthält neben Schneckenburgers Zusammenfassung seiner Sicht der Dinge Aufsätze von insgesamt fünfzehn Autoren. Sie sind zum Teil Spezialthemen wie Performance, Design oder akustischer Kunst gewidmet, spüren aber auch in einem viel weitgespannteren Sinne der Situation nach, aus der Kunst heute entsteht.

Schneckenburger beschreibt diesen ersten Band als »Schwarzbrot, das hart zu kauen aber nahrhaft sei«, ein zu Unrecht abschreckender Vergleich. Denn in ihrer Mehrzahl…


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