Dirk Schwarze
Erinnerungen an den Zufall
»Daniel Spoerri – Karneval der Tiere«
Kasseler Kunstverein, 24.1. – 8.3.1998
Als neuer Realist hat sich Daniel Spoerri (Jahrgang 1930) Anfang der 60er Jahre durchgesetzt und als neuer Realist hat er mit seinen der Wirklichkeit entnommenen Bildern abgegessener Tische Kunstgeschichte geschrieben. Noch heute gleichen die Real-Stilleben wie “Roberts Tisch” dem Alltag entliehenen Werken. Es ist, als hätte der Künstler seine Hand nicht im Spiel gehabt – als hätte er nur fixiert, eingefroren und transponiert. Dahinter steckt die Ehrfurcht vor jenem irrationalen Element, das wir Zufall nennen: Zufällig ergab sich das Stilleben und zufällig fiel dieses Realzitat in die Hand des Künstlers.
Auch mehr als 30 Jahre danach steht Spoerri im Banne des Zufalls. Und wenn er das Hohe Lied des Zufalls singt, dann spürt man, wie er sich unsichtbar machen will, wie er sein hintergründiges Versteckspiel treibt, bei dem der Betrachter zum Akteur wird und am Ende nicht mehr genau weiß, wer nun was geleistet hat. Doch auch wenn Spoerri angesichts seiner jüngsten Arbeiten, die er im Kasseler Kunstverein präsentiert, den Zufall als den Vater seiner Kunst feiert, ist nicht zu übersehen, wie wohlüberlegt er Bilder und Objekte zusammengetragen, montiert und collagiert hat.
Der aus Rumänien stammende und heute vornehmlich in der Toskana lebende Künstler stellt Objektassemblagen (Tableaus) vor, die in einer einfallsreichen Weise auf stählernen Staffeleien zu sehen sind. Man fühlt sich in eine Malklasse versetzt, in der die Studenten auf der Basis einer Themenvorgabe sehr unterschiedlich und dann doch wieder gleichartig gearbeitet haben. Die Vorgabe besteht…