Hans-Dieter Fronz
Eros in der Kunst der Moderne
Fondation Beyeler, Riehen, 8.10. – 18.2.2007
Erotische Kunst ist keine Erfindung der Moderne, doch in vormodernen und prüderen Zeiten führte sie ein Schattendasein und gedieh mehr im Verborgenen – eine Angelegenheit von Connaisseuren, die ihre anrüchigen Schätze allenfalls hinter vorgehaltener Hand oder verschlossenen Türen vorzeigten. Lediglich in mythologischen Szenen geziemte es der Kunst, Nacktheit öffentlich auszustellen: Noch Manets bürgerliches “Frühstück im Grünen” mit weiblichem Akt erregte im Paris des Jahres 1863 Skandal, und selbst der Erotomane Auguste Rodin, der Tausende erotische Zeichnungen schuf, die er nie ausstellte, aber ohne moralische Skrupel verschenkte, hielt die gewagtesten doch zurück. Als erotischer Künstler war Rodin eine Ausnahmeerscheinung in seiner Zeit; erst wieder der junge Picasso konnte ihm auf diesem Feld das Wasser reichen. So war es nur angemessen, dass Rodin und Picasso und keiner sonst den ersten Teil der Doppelausstellung der Basler Fondation Beyeler über erotische Kunst bestritten.
“Eros in der Kunst der Moderne” – der aktuelle zweite Teil verweist schon im Titel auf die angedeutete historische Bruchlinie. Hat doch erst die Moderne die Tabus, die auf der Thematik lagen, definitiv gebrochen, ja den Eros zur Triebfeder der Kunst geadelt und zu einem ihrer Schutzgötter erwählt; noch der späte Duchamp zollte dem Sujet Tribut, wie in Basel fünf erotische Zeichnungen hinter Glas beweisen. So kann die Ausstellung am Spezialfall des erotischen Motivs geradezu ein Panorama moderner und zeitgenössischer Kunst entfalten – mit über 200 Werken von Nobuyoshi Araki bis zu Tom Wesselmann, mit Malerei, Grafik und Plastik, mit…