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Relektüren · von Rainer Metzger · S. 334 - 335
Relektüren ,

Relektüren
Folge 62

Rainer Metzger

„Das menschliche Wort ist wie ein gesprungener Kessel, auf dem wir Melodien trommeln, nach denen Bären tanzen können, während wir doch die Sterne rühren möchten“: Gleich dreimal zitiert Julian Barnes diesen Satz aus Madame Bovary in seiner Hommage an Gustave Flaubert (alle Zitate aus Flauberts Papagei entstammen der Taschenbuchausgabe Köln: Kiepenheuer & Witsch 2012, der Satz S. 23, 67 und 225). Der Schriftsteller-Kollege aus dem 19. Jahrhundert ist ihm – und beileibe nicht nur ihm – der Romancier schlechthin. Wie es zu seinem Metier gehört, erzählt Barnes eine Geschichte, nimmt sich eine Art Fetisch von Flauberts Erzählkunst und stilisiert einen Titelhelden für seinen Reiseführer in dessen Kosmos. Ein Papagei also hilft Barnes auf die Sprünge. Wäre er Hitchcock, wäre es sein McGuffin. Mit einem Mc-Guffin, erklärte der Regisseur einst seinen Spleen, ein ziemlich aus der Luft gegriffenes Phänomen die Handlung seiner Filme weitertreiben zu lassen, jage man Tiger in Schottland – Aber in Schottland gibt es doch keine Tiger – Da sehen Sie, wie wirksam ein McGuffin ist. So ungefähr arbeitet auch Barnes.

Flaubert war ein manischer Rechercheur. So miserabel er die Menschen fand, so beflissen suchte er in ihren Milieus herum. Also musste ein Papagei her, als er die Dienstmagd Félicité erfand, die Heldin der ersten seiner 1877 als letzte Publikation zu Lebzeiten herausgekommenen Drei Geschichten, ein veritables schlichtes Herz, der, treu bis ins Grab, in späten Jahren ein Vogel namens Loulou anheimfiel. „Wissen Sie“, zitiert Barnes aus einem Brief Flauberts vom 28. Juli 1876 an eine…

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