Hans-Dieter Fronz
Gabriel Orozco
»Der Künstler als Jäger und Sammler«
Kunstmuseum Basel, 18.4. – 8.8.2010
Die Schlankheitskur der Göttin war augenscheinlich von Erfolg gekrönt. Einen Citroën DS, Baujahr 1960, ließ Gabriel Orozco der Länge nach in drei Teile zersägen, das mittlere Drittel entfernen und die beiden übrigen Teile zusammenschweißen. Mit „La DS“ (der wohl kalkulierte Titel ist im Französischen homophon zu ‚la déesse’, übersetzt: ‚die Göttin’) wurde Orozco seinerzeit berühmt. Bald zwanzig Jahre ist das jetzt her, aber noch heute verfehlt die schmalgesichtige Schrumpfform des kultigen Automobils ihre Wirkung nicht. Wie dem spektakulären Readymade da der erste Saal der großen Übersichtsausstellung zum Werk des Mexikaners im Kunstmuseum Basel fast allein zur Bühne dient, ist es ein Auftakt mit Aplomb. Von Anfang an stellt das surreal verfremdete Gefährt klar: Hier, auf dem Feld der Kunst, herrschen andere Gesetze. Ein simples Auto transformiert den Raum wie durch magisches Fingerschnippen in ein Terrain unbeschränkter Imagination. Wobei die traumgleiche Erfahrung für den Rezipienten gleichzeitig so etwas wie einen unmittelbaren Erkenntnisgewinn bereit hält. Ex negativo geht dem Betrachter an dem zum Einsitzer veränderten Fahrzeug auf, was ein Auto so alles ist: nie nur fahrbarer Untersatz und Fortbewegungsmittel, sondern – Wohnhöhle und Lebensraum auf Rädern, Familienbegegnungsstätte und – schlimmstenfalls lebenslang – Gemeinschaftszelle. In jedem Fall ein sozialer hot spot, dank mobiler Telekommunikation selbst dann, wenn der Beifahrersitz leer bleibt.
Nicht von ungefähr macht die vom Museum of Modern Art in New York kommende Schau auf ihrer Reise zur Tate Modern in London und dem Centre Pompidou in Paris einen…