Heinz-Norbert Jocks
George Grosz
»In die Widersprüche verliebt, die er haßte«
Von Berlin nach New York
Neue Nationalgalerie, Berlin, 21.12.1994 – 17.4.1995
Kunstsammlung NRW, Düsseldorf, 6.5. – 30.7.1995
Staatsgalerie, Stuttgart, 7.9. – 3.12.1995
Arg übertrieben, seine Meisterschaft nur auf die Berliner Jahre von 1912 bis 1932 zu beziehen. Zu simpel, ihn in seiner Brillanz als Sozialironiker und Gesellschaftsdiagnostiker zu abonnieren. Zu offensichtlich, ihn als jemanden abzuwürgen, der, als er sich für 25 Jahre seines Lebens nach New York absetzte, der Moderne abschwor, um sich auf die Seite der Realisten und Regionalisten zu schlagen. Dort sowohl aus Angst vor den Nazis als auch aus innerem Zugehörigkeitsgefühl angekommen, berauschte sich George Grosz (1893-1959) an Manhattens Skyline, vor deren steinerne und stählerne Fensterglaskulisse rauchende Dampfer den Hudson befuhren, genoß er die befriedigende, gar glücksstiftende Idylle der “Dünen auf Cape Cod” jenseits von der “NUR Politik”, ohne darüber Hitlers mörderischen Größenwahn aus den Augen zu verlieren.
Es ist mehr als nur Genuß zu erleben, wie derzeit mit jener Ausstellungspraxis gebrochen wird, die, fast ausschließlich auf Werkausschnitte kapriziert, aus vorgeschobenen Qualitätsgründen vieles ausblendete und damit verbannte. Der Fehler und die Verfehlung wurden nun zum Glück aufgehoben, so daß Grosz in der Totalität seiner gebrochenen Eigensinnigkeit auftritt und natürlich auch seine unübersehbaren Schwächen offeriert. Die fallen aber längst nicht so eklatant aus, als daß es, um für Grosz zu plädieren, angemessen wäre, diese beiseite zu schieben. Über ein Jahr nach seinem hundertsten Geburtstag und sicherlich im Hinblick auf Berlin als neue Hauptstadt wurde von der Berliner Nationalgalerie eine ihren Namen…