Wien
Gerhard Richter
Landschaft
Bank Austria Kunstforum Wien 01.10.2020–14.02.2021
von Gudrun Ratzinger
Die im Boden eingelassenen Streifen im ersten Raum der Ausstellung „Gerhard Richter. Landschaft“ im Bank Austria Kunstforum in Wien führen vom Eingang direkt zu dem gleich einem Altarbild präsentierten Gemälde „Ägyptische Landschaft“ (1964 / 65). Dieses zeigt vier quadratische Bilder auf weißem Grund: zwei wüstenartige Gegenden sowie zwei Einblicke in altägyptische Tempelanlagen. In der Nahsicht entfaltet sich ein komplexes Schaustück, das den architektonischen Kontext des Bank Austria Kunstforum – inklusive neoklassizistischer Säulen, postmodernistischer Gestaltungselemente und höchst dramatischer Ausleuchtung der Gemälde – in den Hintergrund treten lässt. Anders als der Titel „Ägyptische Landschaft“ nahelegt, ist nicht ein Ausschnitt aus der Natur zu sehen, sondern die mediale Vermitteltheit von Landschaft. Die innerbild lichen Schriftelemente und die leicht asymmetrische Positionierung der quadratischen Bilder verweisen darauf, dass Richter eine Seite aus einem Buch oder einer Broschüre zu sehen gibt. Die Unschärfe der abgebildeten Fotografien steht in Kontrast zu den gestochen scharf wiedergegebenen Buchstaben und bei genauerer Betrachtung wird offenkundig, dass das Weiß der Buchseite deutlich dicker aufgetragen wurde, als die anderen Teile des Gemäldes. Fragen danach, was Bild und Bildgrund ist, oder was transparentes Zeichen ist und was undurchdringlicher, materieller Körper, drängen sich auf. Gerhard Richter untersucht in diesem Gemälde mit malerischen Mitteln Fragestellungen, die er auch noch in späteren Jahrzehnten verfolgen wird.
Seit 1963 setzt sich der Maler mit dem Motiv der Landschaft auseinander. Neben der Beschäftigung mit dem Porträt gibt es kein anderes Sujet, das er über so lange Zeit und in so großer…
