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Magazin: Publikationen · von Amine Haase · S. 448 - 449
Magazin: Publikationen , 1999

Geschichte der Kunst und Kunstgeschichte

Willibald Sauerländer und Marcel Baumgartner

1. Konstruktiver Zweifel

Marcel Proust und Pablo Picasso auf dem selben Silvester-Empfang, 1921 in Paris beim Grafen von Beaumont. Allein die Vorstellung, daß die Protagonisten zweier so unterschiedlicher Kunstwelten dieselbe Luft atmeten, kann uns elektrisieren: Hier der Dichter, der die “verlorene Zeit” aus den Erinnerungen an das in Schönheit Vergehende wiederzufinden suchte. Dort der Maler, der sich bereits an die Zertrümmerung herkömmlicher Formengefüge gemacht hatte. Daß der nur zehn Jahre ältere Proust den 1881 geborenen Picasso nicht verstand, gab er ohne Anzeichen von Reue zu. Daß der Maler über den Schriftsteller witzelte, er sei – eben im Beaumont’schen Salon – auf Motiv-Jagd, ähnlich also wie es die Impressionisten in der freien Luft waren, ist Legende.

Dem Kunsthistoriker bietet der Zusammenprall der Planeten Proust und Picasso eine wunderbare Möglichkeit darzulegen, wie prekär jede Standort-Beschreibung ist. Auf den Blick kommt es an. Und der kann in der Kunstgeschichte auf den historischen Kontext gerichtet sein oder auf die unterschiedlichen Formen. Er kann sich auf den Künstler konzentrieren und dem Genie huldigen, oder er kann das Beobachtungsfeld auf die anderen Künste erweitern und die Grenzen zum Alltag verwischen. Einer, der stets geprüft hat, welcher der adäquate Standort des Kunsthistorikers sein könnte, ist Willibald Sauerländer. Er ist am 29. Februar 1924 geboren, und man kann sicher sein, daß seine Selbstprüfung auch nach seinem 75. Geburtstag weitergeht.

Der Kölner DuMont Buchverlag legte termingerecht Sauerländers “Geschichte der Kunst – Gegenwart der Kritik” vor. In dem handlichen Band findet sich auch Sauerländers Aufsatz…

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