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Titel: Kunst und Geld · von Jürgen Raap · S. 90 - 91
Titel: Kunst und Geld , 2000

Global Human AG: Ethik-Aktien

Die beiden Künstler A.S. Wünkhaus und Rudi Frings begreifen ihre “Global Human AG” als “virtuelles Konsortium” von Banken. “Mit der Ethik aktie, der Ethic-Credit-Card und dem Erasmus-Emergenz-Fallindex” verfüge die AG über ein Instrumentarium, um sich in der Welt “der unendlich kleinen Zahl” bewegen zu können: “Diese Welt der unendlich kleinen Zahl klärt die wechselnde emergente Höhe von Komplexität und Kompliziertheit in der Zwischenzeit des unproduktiven Ereignisraumes.”1

Die abstrakte Dimension astronomischer Geldströme und ihre damit verbundene sinnliche Unfasslichkeit erfährt eine Konzentration auf das genaue Gegenteil. Denn gerade diese Abstraktion, die “kalte, ökonomische Ziffer”, führe zu einem Verlust von Ethik und damit von Humanität.

Produktion ist in der realen Welt üblicherweise häufig mit einer gewissen Aggressivität verbunden, nach innen durch oftmals brutale Methoden der betriebswirtschaftlichen Kostensenkung, nach außen durch eine Expansion der Märkte für den Absatz dieser Produkte, die oft mit politisch-militärischem Imperialismus einhergeht. Der Unproduktive hingegen verhält sich a priori nicht aggressiv und damit auch “ethisch korrekt”. Deswegen lautet das Motto: “Spekulieren Sie mit Ihren inneren Gütern”.

An die Stelle bilanztechnischer Aktiva tritt bei der Global Human AG eine “Aura Aktiva” – eine Intensität des Augenblicks haben die Situationisten freilich schon Ende der fünfziger Jahre propagiert. Dieses “Jetzt lässt sich nicht kapitalisieren”, betont der Philosoph Dieter Wieczorek als Mitstreiter der Ethik-Aktionisten. Weil aber sonst alles auf kapitalakkumulative Mehrwertschöpfung ausgerichtet ist, trauert man der “verlorenen Zeit” nach, die scheinbar unproduktiv (gewesen) ist, anstatt deren Wert zu erkennen und anzunehmen: “Es gibt eine sehr subtile Art des versäumten Kapitals, die nur in wenigen…

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