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Ausstellungen: London · von Edgar Schmitz · S. 281 - 283
Ausstellungen: London , 2019

London
Hyundai Commission: Kara Walker

Fons Americanus
Tate Modern 02.10.2019 – 05.04.2020

von Edgar Schmitz

Für diese Version der Turbinenhalle müsste eigentlich der ursprüngliche Tate-Eingang von der Rampe aus verbindlich sein: weil Besucher dann notwendig erst nach dem scheinbar leeren Venusbrunnen das Hauptdenkmal im Hintergrund sehen; weil das prozessionsartige der Arbeit sich dann Schritt um Schritt erschließt; und weil die polemische Fokussierung auf zwei Denkmäler sich nur so im Kontrast zur interaktiven Inklusivität früherer Bespielungen der ehemaligen Turbinenhalle profiliert.

Das Gesicht, das im Wasser des scheinbar leeren Venusbrunnens zu versinken scheint und dessen Tränen ihn gleichzeitig speisen, gibt inhaltlich wie formal den tragisch-grotesken Charakter der Arbeit vor: eingebettet in den unpassenden Pomp skulpturaler und geschichtlicher Konventionen erscheint die Figur als Opfer und Motiv, als immer schon und noch degradiertes Subjekt im perfiden Zusammenspiel kunsthistorischer Gegebenheiten und tagespolitischer Machtverteilungen. Die Venusfigur ist verschwunden, aber auch zum Geld einwerfen taugt dieser Brunnen nicht – gewünscht wird hier schon lange nichts mehr, höchstens zum Nachtrauern und vielleicht auch Anklagen eignet sich die Form in Walkers Arbeit heute noch.

Im zweiten Brunnen, hinter der Brücke und jetzt wirklich riesig, nimmt die Arbeit das Wassermotiv wieder auf, das sich diesmal aus den Brüsten und dem durchschnitten Hals der Figur ergießt, die auf dem Brunnen thront. Wo sich das Waser fängt und Besucher zum Sitzen einlädt, verlängert sich der Brunnen in eine Reihe von Figurengruppen, die mit prekären Booten in haigefüllten Gewässern die afrikanische Diaspora umspielen.

Die dekorativen Ambitionen herrschaftlicher Prachtanlagen werden hier in die Gewässer überführt, die Paul Gilroy als Schwarzen…

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