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Ausstellungen: Köln · von Jochen Becker · S. 349 - 350
Ausstellungen: Köln , 1992

Jochen Becker
Ilya Kabakow

»Das Leben der Fliegen«
Kölnischer Kunstverein, 2.2. – 29.3.1992

Nach seinem Rückbau zeigt sich der einst lichte Kölnische Kunstverein als düstres Loch. Wo sonst ein durch Oberlicht, lange Fensterfront und Fluter hellerleuchteter Ort, wo offene, weiße und hohe Räume zur Kunst einluden, baut Ilya Kabakow vier muffige, verdreckte, katastrophal schlecht beleuchtete und niedrige Zimmer hinein. Dunkelgraue Wände mit hüfthoch reichenden braunen Schutzstreifen, Abfall in den Ecken, nackt herunterhängende und mit Alufolie abgeschirmte Glühbirne, billig wirkende Materialien – und überall Fliegen: So zeigt sich die Hölle auf Erden, das Paradies “real existierender Sozialismus”, die Ästhetik einer weltumspannenden Verwaltung. Dringt man jedoch weiter ein in die Installation, erkennt man deren Reichtum: Der vor wenigen Jahren aus Moskau Exilierte hat mit ärmlichen Materialien im Kunstverein einen zwiebelartig umeinandergeschichteten, Kunsttheorie und Lebenswelt verwickelnden Wissenschaftskomplex gebaut.

Kaum betritt man durch die sich sofort wieder schließenden Türen Kabakows Konstruktion einer Ausstellung, steht man inmitten der Arbeit: Zum einen umschließt seine Installation den Betrachter vollkommen, zum anderen ist der Besucher aufgefordert, trotz Dämmerlicht die zahlreichen und oftmals kaum oder gar nicht lesbaren Tafeln durchzuarbeiten, möchte er hinter das Geheimnis dieser Ausstellung kommen. Im ersten Raum geht es – dies verraten Schautafeln, Texte auf schrägen Tischen und an die Wand geheftete Zettel – um die Einwirkung der Fliegen auf Ökonomie, Politik und bildende Kunst. Schematische und statistische Zeichnungen verdeutlichen die Parallelen zwischen dem Zick-Zack des Fliegenflugs, der Entwicklung am Börsenmarkt oder der Augenbewegung bei der Lektüre moderner Poesie. Im Ton wissenschaftlicher Abhandlungen gehalten und mit internationalen Forschungsdaten…



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