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Ausstellungen: Graz · von Rainer Metzger · S. 364 - 366
Ausstellungen: Graz , 2002

RAINER METZGER

Im Buchstabenfeld.
Die Zukunft der Literatur

Neue Galerie Graz, 7.10. – 25.11.2001

Seit einiger Zeit schreibt sich Österreichs renommiertestes Avantgarde-Festival folgendermaßen: steirisc[:her:]bst. Bei dieser seltsamen Letternfolge hat zum einen eine Verknappung stattgefunden, weil die Buchstabenkombination, die für den Begriff “steirischer herbst” zweimal gebraucht wird, nur einmal angegeben ist. Zum anderen aber sind die Zeichen auch geschwätzig geworden, denn man hat sie aufgeladen mit Weiblichkeit: In der heiligen Jahreszeit der Grazer steckt nun eine Hommage an alles was “ihr”, in der Lingua Franca der Gegenwart, dem Englischen: “her” gehört.

Ersonnen wurde diese Grammatographie von Ecke Bonk. Der Typosoph ist auch in der obligatorischen Sonderausstellung vertreten, die die Neue Galerie jedes Jahr in die herbst-Tristesse wirft: “aide moi o media” heißt Bonks Beitrag, und hier sind die Buchstaben nicht minder gerührt und geschüttelt, bis sie an ihrem Grund eine tiefsinntrunkene Logik sichtbar machen. Bonk hat ein Palindrom ersonnen, jene Sorte von Gedicht, das sich von vorne und von hinten lesen lässt. Die Kunst liebt derlei schon seit langem: Marcel Duchamp hatte sein letztes richtiges, weil mit Farbe auf Leinwand betriebenes Gemälde “Tu m'” betitelt, und das war die Umkehrung zu seiner Signatur auf dem Pissoir: “Mutt”. André Thomkins wiederum darf als Vollender des Genres gelten: Unter der vielerlei Letternlyrik aus seiner Produktion greifen wir nur ein Beispiel, vielleicht sein bestes, heraus: “Nie Reime, da kann Akademie rein”.

“Im Buchstabenfeld” ist eine Ausstellung von Peter Weibel. Der Polyartist spielt einmal mehr den Polyhistor, und diesmal hat er der Schriftstellerei etwas zu zeigen. Es geht ihm…

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