Fragen zur Zeit
Im Loop scheinbaren Glücks
Das Metaversum und andere verheissungsvolle Orte: was, wenn die materielle Wirklichkeit zuschlägt?
von Michael Hübl
Wodka löst die Zunge. Manchmal löst er auch Asssoziationskettenreaktionen aus. Da liegt auf dem Tisch ein Biennale-Souvenir. Ein Venedig-Relikt aus dem serbischen Pavillon. „Hod sa vodom“ verkündet das Cover des kleinen Katalogs. „Die haben’s wohl mit dem Wasser,“ meint einer, der noch in der DDR sozialisiert wurde und Sprachreste aus dem obligatorischen Russisch-Unterricht in die Gegenwart gerettet hat. Er habe in der Schule gelernt, dass Wodka das Diminutivum von ‚woda‘ , Wasser, ist. „Du weißt schon: Wässerchen, Brüderchen, Trinkerchen!“ Folglich müsse „sa vodom“ trotz der anderen Schreibweise und Endung irgendetwas mit Wasser zu tun haben. Eine junge Frau am Nebentisch hat zugehört. Mischt sich ein. Sie sei auf Abi-Fahrt, zu der Wasser-Frage könne sie nichts beitragen, aber das „Hod“ würde sie gerne erklären. Sie habe nämlich (vibriert da Stolz in der Stimme?) als Leistungskurs Altgriechisch, weshalb sie schwer vermute, ‚hod‘ bedeute ‚Weg‘. Weil dieser in der Sprache von Sophokles, Sokrates, Platon und Konsorten ‚hodos‘ heißt. Was sich ja im Deutschen an dem Begriff ‚Methode‘ nachvollziehen lasse, der sich aus ‚hodos‘ für ‚Weg‘ und ‚metá‘ für ‚zwischen, dazwischen‘ zusammensetzt.
Da war sie, die Zaubervokabel: meta. Zeitweise berüchtigt: die Metaebene. Ursprünglich ein häufiger Diskurs-Baustein im Zusammenhang mit dem Dekonstruktivismus wurde sie zumindest unter Studierenden zum willkommenen Futter für flapsige Sprüche vom Typ „Fällt dir zum Thema nichts mehr ein / Zieh eine Metaeb’ne rein“. Aber eigentlich ist diese Art von Mensa-Humor passé. Meta…