Thomas Wulffen
Joseph Beuys – Ost und West
Martin-Gropius-Bau,20.2.-1.5.1988
Es ist das Ereignis, mit dem sich der Ruf der Kunstmetropole Berlin mal wieder retten läßt. Sie hat diese Rettung mehr nötig als verdient, das vergangene Jahr hat die Stadt im provinziellen Lichtlein (Skulpturenboulevard.Momentaufnahme) der Jubiläumsfeier erglänzen lassen. Dieses Jahr soll Berlin, gemäß der Auszeichnung als Kulturstadt Europas, mehr international werden. Mit der Beuys-Ausstellung in ‘Deutschlands schönstem Ausstellungsgebäude’, als Retrospektive geplant, als Ausstellung realisiert, ist Berlin und der Martin-Gropius-Bau tatsächlich wieder zum Anziehungspunkt über die Grenzen der Stadt hinaus geworden, mit fragwürdigem Procedere und fragwürdigem Ergebnis. Als Geschäftsführer der Ausstellung wurde jener Mann bestimmt, dessen Kunstsammlung neben Warhol und Rauschenberg große Komplexe von Joseph Beuys enthält. Der Berliner Bau-tycoon Erich Marx möchte diese Sammlung veräußern. Es scheint so, als wolle ihm der Berliner Senat oder zumindest dessen honoriger Kultursenator dabei behilflich sein, denn zum Ausstellungsmacher wurde gerade jener Mann bestimmt, der die Sammlung als Kurator betreut: Heiner Bastian, allerdings auch ausgezeichnet durch die langjährige Zusammenarbeit mit Beuys. Im Falle eines Falles kann der Ausstellungsmacher gleichzeitig als kompetenter und wissender Verkäufer auftreten, der in der Hinterhand noch etliche schöne Rauschenbergs oder Warhols hält Solcher Liebesdienste muß sich der Berliner Senat schon gestatten können, um später jedenfalls ein paar Brocken der Sammlung für den Hamburger Bahnhof als Museum für Zeitgenössisches zur Verfügung zu haben. Daß angesichts der vergangenen Bauskandale, in denen Dr. Erich Marx nicht verwickelt war, und der filzigen Hintergründe des Skulpturenboulevards die Konstruktion der Ausstellung Anstoß erregen könnte, mag nur den Sensiblen aufgegangen…