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Ausstellungen: Essen · von Sven Drühl · S. 386 - 387
Ausstellungen: Essen , 2000

Sven Drühl

Katastrophen und Desaster –
Das Jahrhundert am Ende

Museum Folkwang, Essen, 13.2. – 9.4.2000

Im Zuge des inszenierten Glückstaumels zum Jahrtausendwechsel wurde das Thema des Katastrophischen vielfach verdrängt, obwohl oder vielleicht auch gerade weil es einen notwendigen kritisch-realistischen Blick auf das 20. Jahrhundert einfordert. Eine tradierte Einsicht besagt: Alles hat eine Kehrseite. Und gerade um diese ungeliebte Kehrseite geht in der Essener Ausstellung.

Die negativen Auswüchse der technisierten Welt sind beinahe überall ersichtlich. Tag für Tag wird im erhofft reibungslosen Weltgeschehen etwas vom angstbesetzten Unvorhersehbaren – vom verdrängten Anderen der Zivilisation – durcheinandergebracht. Dabei gibt es höchst unterschiedliche Ausformungen dessen, was als Bedrohung und Katastrophe auf die Menschheit niedergeht: Naturkatastrophen, technische Mißgriffe, schwerwiegende menschliche Fehler, ungünstige Konstellationen, dumme Zufälle, aber auch Epidemien, Drogen, Gewalt, der Untergang von Gesellschaftsystemen und Wertvorstellungen, etc.

Sieben Künstler der jüngeren Generation präsentieren ihre Sicht auf das Thema: Lucinda Devlin (USA), Christoph Draeger (D), Gregory Green (USA), Jake und Dinos Chapman (GB), John Isaacs (GB) und Dui Seid USA). Nüchtern werden unterschiedliche Todesszenarien, Zerstörungs- und Terrorphantasien, katastrophische Orte, aber auch Visionen einer entfesselten Gentechnologie vorgeführt. Glücklicherweise sind alle Arbeiten frei von triefendem Pathos und mahndendem Gestus.

Lucinda Devlin zeigt in ihrer Fotoserie “Omega Suites” diverse Todeskammern der USA. Elektrische Stühle, Galgen, Gaskammern und Injektionsräume auf großformatigen Hochglanzabzügen. Menschenleere Nichtorte einer entmenschlichten Exekutive. Beleg einer organisierten kritikresistenten Tötungskultur.

Die kinderleichte Herstellung von Waffen (von der Autobombe bis zum Napalmsprengsatz) thematisiert Gregory Green. Im Internet kursierende Bombenbauanleitungen setzt er in seinem New Yorker Atelier um. Alles ist echt, alles funktionsfähig. Wäre im Atombombenkern…

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