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Magazin: Bilderstreit · S. 409 - 408
Magazin: Bilderstreit , 1989

Klaus Staeck: Offener Brief

Herrn Dr. Siegfried Gohr
Bilderstreit
Museum Ludwig
5000 Köln 1
Prof Klaus Staeck
Ingrimstr. 3
D-6900 Heidelberg

Sehr geehrter Herr Gohr,

nicht zuletzt dank einer überaus glorreichen sozialdemokratischen Kulturpolitik konnte in diesen Tagen die Frankfurter Allgemeine Zeitung unwidersprochen resümieren: “Gerade die bildende Kunst hat sich heute fast ganz aus dem öffentlichen Dialog und von allem, was die Welt politische, sozial oder ökologisch bewegt, verabschiedet. Verfechter einer autonomen Ästhetik sind ans Ziel ihrer Träume gelangt. Kunst und Künstler kreisen selig um sich selbst, sie halten gerade noch an der Behauptung des exemplarischen Individuums fest.”

Insofern liegt die Großveranstaltung mit dem irreführenden Titel BILDERSTREIT voll im Trend des herrschenden Zeitgeistes, den mitzugestalten Ihnen, sehr geehrter Herr Gohr, die für Ruhe und Ordnung im Kunstbereich zuständigen Stellen nun schon seit geraumer Zeit hinreichend Gelegenheit geben. Wie lästig lebende Künstler bei der Erfüllung dieser wichtigen gesellschaftspolitischen Aufgabe noch sein können , hat soeben Anselm Kiefer mit seinem Ansinnen bewiesen, seine Bilder aus dieser “belanglosen” Schau zurückziehen zu wollen, Bilder, die zur Aufwertung der Ware aus anderen Handelsketten ja offensichtlich dringend benötigt werden.

Trotzdem, so ganz belanglos würde ich diese Mammut-Veranstaltung nicht nennen. Sie bietet neben vielen guten Arbeiten immerhin auch einen lebensnahen Anschauungsunterricht über die derzeit herrschenden Verhältnisse im Kunst- und Kapitalbereich. Kunst, die sich erkennbar einmischt, war schon bei WESTKUNST und ZEITGEIST nicht gefragt. Der sogenannte BILDERSTREIT ist insofern allerdings eine konsequente Fortschreibung der Suche nach dem Wege zu allgemeiner Harmonie und Händlerglück.

Die ständige Wiederkehr des Gleichen wäre nicht der Auseinandersetzung wert, wären da…

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