‚Künstliche Intelligenz‘ und die Frage nach der künstlerischen Autor*innenschaft
von Jens Schröter
„Menschliche Erfahrung in Worten wiederzugeben, und diesen Worten eine ästhetische Struktur zu geben, ist für eine Maschine unmöglich.“ Sie sah mich skeptisch an. „Wer hat denn was von menschlicher Erfahrung gesagt?“
Die viel diskutierte Versteigerung des Porträts Edmond de Belamy 2018 zog unmittelbar Fragen nach Autor*innenschaft und Urheberrecht nach sich. Zwar wurde das Werk einerseits als Schöpfung einer ‚Künstlichen Intelligenz‘2 (= KI) bezeichnet und die skurrile Signatur, die einen Teil des Algorithmus, der hinter dem Bild steht, sollte eben die ‚Autor*innenschaft‘ dieses Algorithmus bezeugen. Zugleich erschien diese Signatur zusammen mit der etwas altertümlichen Anmutung des bildlichen Stils – es wurden Vergleiche zu Francois Boucher gezogen3 – und dem ebenso traditionell wirkenden Rahmen unmittelbar wie eine Art Parodie von Autor*innenschaft. Das Bild scheint weniger ein Werk einer KI sein zu wollen, als vielmehr eine Verfremdung der Konzepte Werk, Signatur, Originalität und Autor*innenschaft (darin vielleicht der Appropriation Art verwandt). Deswegen bleibt die Künstlergruppe Obvious, die die KI-Systeme mit 15.000 Gemälden von WikiArt trainiert und eingesetzt hat, auch sichtbar. Sie zog sich keineswegs zurück, um der KI das Feld zu überlassen. Obvious ist der eigentliche, kollektive Autor des Werks. Daher kam es auch zu einer urheberrechtlichen Auseinandersetzung: Es wurde die Frage aufgeworfen, ob nicht vielmehr Robbie Barrat, der die Software entwickelt hatte, als eigentlicher Autor angesprochen oder doch zumindest an dem Profit – das Gemälde wurde immerhin für 432.500 $ versteigert – beteiligt werden müsste. Man sieht daran:…