vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Magazin: Publikationen · von Stefan Römer · S. 449 - 449
Magazin: Publikationen , 1994

»Kultur« und »Gemeinsinn«

Daß nach den goldenen 80er Jahren Theorien über die sozialen Zusammenhänge von Ökonomie, Wissenschaft und Kunst populär wurden, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Mit den vielen Publikationen über »Gemeinschaft«, »Gruppe«, »Identität«, »Moral« oder »Kultur« in den letzten beiden Jahren erschien nun auch in der Reihe »Interventionen« vom Museum für Gestaltung in Zürich ein Band zum Thema mit dem Titel: »Kultur« und »Gemeinsinn«. Im einleitenden Vorwort skizziert der Herausgeber die für ihn gegenwärtig apokalyptischen Zustände. Die »Sehnsucht« des Individuums nach Gemeinschaft wird auf triviale Weise als unausweichliche Folge der Zerrissenheit zwischen »Entwurzelung« und »Pluralismus« dargestellt.

Die hier versammelten Aufsätze verschiedener Autoren kristallisieren sich thematisch um die Titelbegriffe, ohne sie zu absorbieren. Es erscheint dabei fragwürdig, ob sich die thematische und methodische Differenz der Aufsätze vorteilhaft oder nachteilig auswirkt. Theresa Wobbe fragt in ihrem Artikel, »wie in unserem kulturellen Deutungssystem die Gewaltsamkeit des Rassismus mit der Konstruktion der Geschlechterdifferenz verschränkt ist«. Jessica Benjamin widmet sich diskursanalytisch den Übergängen zwischen Feminismus und Psychoanalyse; der Lacanianer Slavoj Zizek analysiert die Filme von David Lynch; die Diskursanalytikerin und Soziolinguistin Helga Kotthoff untersucht die »konstitutiven Prozesse zur Herstellung symbolischer Ordnung«; Gerhard Schulze widmet sich der kritischen Untersuchung des Rezeptionsverhaltens der »Erlebnisgesellschaft« gegenüber »Hoher Kunst« und »Erlebniskunst«.

Auch in den übrigen Texten werden kulturelle Spezifiken umrissen, wobei jedoch die unmittelbaren politischen Implikationen bezüglich des im Vorwort angedeuteten Begriffsfeldes weitgehend unberührt bleiben. Es wurde inzwischen hinlänglich diskutiert, daß die Begriffe »Kultur« oder »Gemeinsinn« vor allem in neokonservativen Diskursen Prozesse des Ausschlusses des Fremden und Anderen beabsichtigen, wobei die Überlegenheit…

Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei