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Titel: Zukunftsressource Archiv - Kunst als Medium von Erinnerung und Imagination - 3 — Künstlerische Positionen · von Uta M. Reindl · S. 76 - 87
Titel: Zukunftsressource Archiv - Kunst als Medium von Erinnerung und Imagination - 3 — Künstlerische Positionen ,
Titel: Zukunftsressource Archiv - Kunst als Medium von Erinnerung und Imagination - 3 — Künstlerische Positionen

Kunstmaschine Archiv

Mit Zetteln, Kisten und Regalen auf dem Weg zu Fluid Boxes
von Uta M. Reindl

Die künstlerische Avantgarde der westlichen Kunstwelt unterwanderte den Kunstkanon, schuf in den ersten Dekaden des zwanzigsten Jahrhunderts auch das, was sich Anti-Kunst nennt. Hierbei sollte das Archiv, womit sich der Kunstkanon dokumentieren kann, als künstlerisches Medium relevant werden. Linear und nichtlinear archivierte Objekte und Dokumente wurden Gegenstand von gerne kollektiv geschaffener Kunst, auch um produktionsästhetische Traditionen zu hinterfragen, zu dekonstruieren. Alexander Rodtschenko und John Heartfield machten gesellschaftspolitisch erlebte Sinnzertrümmerung in ihren Montagen und Collagen aus archivierten Materialien sinnlich konkret erfahrbar.

Grenzüberschreitend traten ab den 1960er Jahren Fluxuskünstler*innen auf, gesellten sich etwa zu den ohnehin interdisziplinär agierenden Musikern und Komponisten der Modernen Musik, wie Mauricio Kagel, John Cage und dem Happeningkünstler Wolf Vostell, zeitweise der ungarische Fluxuskünstler Gábor Altorjay. Die Neuen Realisten nobilitierten Ende der 1950er Jahre unter dadaistischem Einfluss das archivierte Objet trouvé zum Kunstobjekt. Marcel Duchamp, als Einzelkünstler sozusagen eine Ausnahme, richtete im Koffer voller Miniaturreproduktionen, der La Boîte-en-valise (1936), sein legendäres monografisches Museum ein. Marcel Broodthaers installierte sodann jenes mit archivierten Objekten und poetisch-ironischen Zitaten ausgestattete fiktive wie museumskritische Musée d’Art Moderne. [02]

Bedeutung des kanonischen für die archivarische Praxis

Auf einem Miteinander von Auslegungen und von Appropriationen basierte die Moderne in der Bildenden Kunst, daher verdankt die archivarische Praxis ihre Wirksamkeit letztlich dem Kanonischen1 sowie dem Konzeptualismus. Das Spektrum der Kanonisierung, früher wesentlich von Museen, Kunsthistoriker*innen, im Idealfall von Kunstkritik bestimmt, war schon um die Jahrhundertwende komplexer geworden – durchaus auch durch Aby Warburgs Bildarchiv,…

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