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Ausstellungen: Karlsruhe · von Michael Hübl · S. 404 - 405
Ausstellungen: Karlsruhe , 2001

Michael Hübl
La pazzia d’essere vivo

»Bert Jäger. Werke auf Papier 1961-1998«
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, 17.2. – 6.5.2001

Informel – das bedeutete nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Malerei der Freiheit. Für (West)Deutschland erhielt diese Möglichkeit künstlerischer Manifestation einen eigenen Doppelsinn. Hier überlagerten sich zwei Bedeutungsebenen: der anarchische Impuls einer freizügig ungehemmten Peinture, die den Zwang der Systeme durch rohe, unkontrollierte Gesten unterläuft, und der Hegemonialanspruch der USA, die Mitte der 40er Jahre beginnen, die abstrakte, ungegenständliche Kunst als Instrument des Kalten Krieges zu entdecken. Wenn also etwa Hilla Rebay, enge Beraterin Solomon R. Guggenheims, junge deutsche Künstler förderte, die umgeben von Bombenkratern und Kohlenklau der verheißungsvollen Zukunft einer neuen Kunst zuarbeiteten, dann wurde dieses Engagement wohl von einigen sentimentalen Motiven gespeist – seine politisch-historische Funktion lag jedoch in der Sicherung des ideologischen Terrains. Insofern war der Anschluss an die Moderne, der 1955 mit der ersten ‘documenta’ gefeiert wurde, durchaus ambivalent.

Damals, als in den notdürftig gekalkten Ruinen des Kasseler Fridericianums Zeichen eines dezidiert weltoffenen Neubeginns gesetzt wurden, lag der Tag, an dem der Maler Bert Jäger aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war, erst sechs Jahre zurück. Jäger, Jahrgang 1919, hatte harte, grausame, aufwühlende Zeiten hinter sich: das Gymnasium ohne Abschluss verlassen, von 1934 bis 1939 Studium an der Badischen Hochschule der bildenden Künste in Karlsruhe, dann sofort Wehrmacht, Front. 1942 wird ein Bein zerstört, Jäger kommt nach Wien ins Lazarett, besucht auf Anraten eines Militärarztes eine Zeitlang die Klasse von Herbert Boeckl an der Wiener Akademie. Zurück zum Heer, wieder Lazarett, wieder Front,…



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