Jürgen Kisters
Markus Lüpertz
»Die Totentanz-Reliefs«
Galerie Werner, Köln, 31.5. – 29.6.1991
Markus Lüpertz ist gerade fünfzig Jahre alt geworden, und was lag näher, als dies in seiner Stammgalerie in einer Geburtstagsausstellung gebührend zu feiern. Dieses Mal stand dabei nicht die gewöhnlich wuchtig-satte, schwungvolle Malerei des Künstlers im Vordergrund, sondern ein Arrangement aus mächtigen, jeweils dreigeteilten (wegen der begrenzten Brennofengröße) Terrakotta-Arbeiten: die “Totentanz-Reliefs” (von 1989/90). Die an massiven Stahlhalterungen befestigten modellierten Tonblöcke standen frei im Raum und wurden präsentiert auf einem speziell für die Ausstellung in der Galerie Werner verlegten Fußbodenpodest aus ungehobelten Holzdielenbrettern.
Lüpertz’ Interesse für das Ausschlachten und Verarbeiten der Kunstgeschichte ist bekannt. Auch in diesen Arbeiten liegt der Mittelpunkt in der Anspielung auf Traditionelles: Ton und Gefäß (als durchgängiges Motiv) gehören seit der jüngeren Steinzeit zusammen. “Nature Morte”, “Alter”, “Frieden”, “Krieg” und “Jugend” markieren “ewige” künstlerische Themen, die wieder einmal den (hohen) Anspruch des Künstlers betonen, sich vom modernen Standort aus in die alten kulturellen Traditionen einzufügen. Ganz konkret plündert Lüpertz dabei die fünf “Rückenakt-Reliefs”, die Henri Matisse zwischen 1909 und 1930 geschaffen hat.
Der Ernst des Themas (wie die alten Werke ihn transportieren) erfährt allerdings auch dieses Mal wieder die für Lüpertz eigene Simplizität des Derben, die sich oft am Rande einer gewissen Unverbindlichkeit bewegt. Geht es Lüpertz grundsätzlich um ein Verhältnis zur Tradition, das diese nicht mehr nur zerschlägt, verdrängt oder unaufmerksam abtut, ist sein Zugang zur Tradition von einer Selbstverständlichkeit gekennzeichnet, der vielfach der Respekt vor dem Alten zu fehlen scheint. Der zeitgemäße Jargon beschreibt dieses Verhalten gewöhnlich…