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Titel: Farbe und Skulptur II · von Peter Winter · S. 86 - 92
Titel: Farbe und Skulptur II , 1983

Mechtild Nemeczek

Farbe und Objekt – neue Arbeiten

von Peter Winter

Im hellen Eck-Atelier in Köln-Ehrenfeld, in einer ehemaligen Fabrik, trifft der Besucher auf eine Vielfalt farbiger Objekte, die zumeist einen schlanken, biegsam-leichten Gestus haben. Sie hängen an der Wand, baumeln von der Decke oder liegen auf dem Boden. Sie wirken recht einfach, anspruchslos, spielerisch. Erst nach dem zweiten Blick geben sie ihre subtilen ästhetischen Reize preis. Da gibt es schmale Röhren und leicht eingebeulte Kegel, kurze Zylinder und wacklige Türme, lockere Gruppierungen mit verhaltenem, zipfelmützigem Witz, die sich additiv bis zur Decke strecken oder wie ein Igel halbkugelig in alle Richtungen auseinanderstreben. Da gibt es auch unregelmäßig ausgerissene, dick und tropfig bemalte, haptisch inkrustierte Wandstücke, die sich je nach Witterung krümmen, biegen, wölben und beulen, wie überhaupt all diese aus Papiertüten und – größtenteils gefundenen – Pappresten gefertigten Sachen durch Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen im kaum hei/baren Gemäuer lebendig werden und zu arbeiten beginnen: ein Nebeneffekt, den die Künstlerin ganz gern hat.

Lange ging Mechtild Nemeczek bewährte konstruktiv-planimetrische Wege, spielte das Spiel des Positiv-Negativ-Umschlags, verfolgte mit der Reißschiene die Sprünge von Diagonalen, Kreuzungspunkten und Rhomben, übte mit Fleiß und Geduld die exakten Strategien von Parallelen und Schrägen. Daneben liebte sie aber auch die Relativierung der Form durch die Farbe; bereits in einigen früher entstandenen, durch kontrastierende Einschnitte akzentuierten Reliefs (angesiedelt in der Nähe der Vexier-Tafeln des Holländers Ad Dekkers) hat sie die optische Umpolung von tatsächlichen Vertiefungen in vorgetäuschte taktile Zäsuren, das raffinierte Spiel zwischen den Ebenen aus Sein und Schein, von physischer Gegebenheit…

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