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Essay · von Hermann Pfütze · S. 78 - 81
Essay , 1991

Hermann Pfütze
Metropole – heterogene Praxis

Metropolen entstehen nicht durch Nachwuchs, sondern durch Zulauf. In ihnen leben weniger Einheimische als vielmehr Fremde – und zwar nicht nur Besucher, die heute kommen und morgen wieder gehen, sondern Fremde, die, wie Georg Simmel 1908 bemerkte, heute kommen und morgen bleiben. Sie werden auch nicht Einheimische, sondern majorisieren diese langsam, aber sicher.

Richtige Berliner stammen nicht aus Berlin. Das sollten sich vor allem diejenigen eingesessenen Westberliner klarmachen, die sich vor den vielen fürchten, die jetzt aus dem näheren und ferneren Osten in die Stadt kommen. Die Angstwahl der Westberliner 1990 (49 Prozent für die Partei, die ihnen die tröstlicheren Lügen auftischte) und der Eifer, mit dem die etablierten Kulturbürger zur Zeit für die nostalgische Restauration der Stadtmitte streiten, sind als Abwehrreaktionen womöglich Symptome eines neuerlichen metropolitanen Schubs.

Schon die früheren Schübe, also die sog. Gründerzeit vor gut hundert Jahren, die zwanziger Jahre und – in Westberlin – das Jahrzehnt der Reformen ab 1967, haben die Alters- und Familienstruktur, das Verhältnis zwischen Einheimischen und Fremden, zwischen Berufstätigen und Studierenden. zwischen beweglichen und gebundenen Existenzen jeweils stark verändert.

Die Einheimischen, die seit mindestens drei Generationen ansässig sind, gerieten nicht nur in die Minderheit. sondern die Fremden, die nach Berlin };amen zur Arbeit. zum Studium oder al.s Flacht

linge, haben die Stadt geprägt – oft unter widrigsten Verhältnissen und schikaniert von betont fremden-, arbeiter- und studentenfeindlicher Potitik.

” Berliner zu sein “, schrieb neulich -Hilmar Hoffmar nähre sich “weniger aus Lokalpatriotismus, als aus dem politischen Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie in oft…


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