Siegen
Miriam Cahn MEINEJUDEN
Museum für Gegenwartskunst Siegen 26.06.– 23.10.2022
von Annelie Pohlen
Der Schreibfehler im Ausstellungstitel ist gewollt. So wie jede Setzung in ihrem Werk – unmittelbar, direkt, mal gemein hinterrücks, mal zu schön, dann wieder so brutal, dass es schwer fällt zu glauben, dass all dies zusammen so gemeint sein könnte. Eine platte Attacke auf das Auge ist der orthografische Fehler so wenig wie alle sonstigen Setzungen.
Ihre Themen lassen sich immer benennen. So auch in dem von Miriam Cahn über 14 Räume verschlungen inszenierten Parcours durch fünf Dekaden ihrer künstlerischen Auseinandersetzung im Museum für Gegenwartskunst in Siegen: „Frausein, Geschlecht, Liebe, Sexualität, Gewalt, Antisemitismus, Krieg und Flucht.“ Doch auch das ist symptomatisch für ihr Werk: Seit den Anfängen in den späten 70er Jahren fegen die Energien im künstlerischen Haushalt der 1949 als Tochter eines jüdischen Vaters und einer nicht-jüdischen Mutter in Basel geborenen Künstlerin ungebremst über alle Ordnungsschablonen der grundsätzlich immer wiederkehrenden Themen hinweg. Weswegen die Tatsache, dass sie nach Maria Lassnig (2002) und Bridget Riley (2012) nun als (erst) dritte Künstlerin in die vornehmlich männlich besetzte Riege der mit dem Rubenspreis ausgezeichneten Maler*innen eintritt, an dieser Stelle ebenfalls unter dem Schlagwort symptomatisch registriert sei.
Dies umso mehr als sie in ihrem zugleich anarchisch brutalen wie verführerisch poetischen Werk als Künstlerin und als Frau einen bedingungslos ungeschönten Blick auf ihre / unsere globale Umgebung richtet: Auf das was humane Existenz (nicht) ist; auf das (Ich) Sein in einem fragilen bis geschundenen physischen, emotionalen und geistigen Beziehungsgeflecht nicht nur eigener erinnerter, überlieferter und…