Berlin
Nothingtoseeness
Leere / Weiss / Stille
Akademie der Künste (Hanseatenweg) 15.09.–12.12.2021
von Ronald Berg
Es ist erstaunlich, wie viel man sieht, wenn man nichts sieht – oder wenn es kaum etwas zu sehen gibt. Denn das „Nothingtoseeness“ als Titel der Ausstellung in der Berliner Akademie der Künste ist natürlich eine rhetorische Übertreibung. John Cage meinte mit seiner Wortschöpfung so etwas wie das visuelle Äquivalent zur Stille in der Musik. Natürlich gibt es in dieser von Anke Hervol und Wulf Herzogenrath, also von „Sekretärin“ und „Direktor“ der Sektion Bildende Kunst der Akademie, besorgten Ausstellung etwas zu sehen. Man könnte auch sagen: Es geht hier um die (Nicht)Farbe Weiß in der Kunst seit den 50er Jahren.
Die weiße Monochromie ist das eigentliche Thema dieser Schau. Bei den vielen semantischen Konnotationen des Weiß ist die Stille nur eine unter vielen. Und auch die weiße Monochromie kann viele Formen und Gestalten annehmen. Im ersten Drittel, der auf drei Hallen verteilten Ausstellung mit 75 meist prominenten Künstlern zeigt sich aber, dass es beim Thema zunächst um etwas so Basales wie Wahrnehmung geht. Also wie sich etwas zu sehen gibt.
Den Auftakt zur Ausstellung macht eine weiße Wand, die direkt hinter dem Eingang platziert, den direkten Weg ins Innere verstellt. Wer hier eilig vorbeiläuft, hat das erste Kunstwerk schon verpasst. Es besteht nämlich aus weißen Buchstaben auf weißem Grund, die auf der Wand die Adresse des Ausstellungsortes bezeichnen: „Hanseatenweg 10, 10557 Berlin“. Und diese leicht erhabenen Buchstaben der Künstlerin Maria Eichhorn sind auch nicht bloß aufgeklebt, sondern mit weißer Farbe…