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Ausstellungen: Zürich · von Michael Hübl · S. 367 - 368
Ausstellungen: Zürich , 2005

Michael Hübl

Peter Doig: StudioFilmClub
Trisha Donnelly: o.T

Kunsthalle Zürich, 27.8 . – 30.10.2005

Linien sind Bedeutungsträger. Oder einfach nur Linien. – An diesen Sachverhalt erinnert eine Zeichnung von Trisha Donnelly, die sich in der Kunsthalle Zürich auf einige karge visuelle Aussagen reduziert. Auf ein hellblaues Blatt Papier hat die US-amerikanische Künstlerin zwei schräge Striche gezeichnet. Beide sind etwa gleich lang und einander symmetrisch zugeordnet. Einer weist von links oben nach rechts unten. Er besteht lediglich aus einer einfachen Geraden. Der andere verläuft einige Zentimeter weit von oben rechts nach unten links. Er wurde graphisch so behandelt, dass die Linie organisch weich wirkt – ein Eindruck, den Donnelly durch sanfte senkrechte Schraffuren unterstreicht. Man könnte an Tränen denken, die wasserfallartig durch die Wimpern eines geschlossenen Auges fließen und einen dichten Schleier bilden. Und just lässt sich die Assoziationskette weiterknüpfen, verwandelt sich die sparsame Zeichnung in das Gesicht eines Menschen oder Gottes, der völlig in sich gekehrt ist. Ein Gesicht mit einem nicht mehr lachendem und einem schon weinenden Auge.

Trisha Donnelly treibt die Möglichkeit, mit ästhetischen Mitteln Bedeutung zu suggerieren, auf die Spitze. Sie greift dabei auf zwei Methoden zurück: Zum einen minimiert Donnelly den Aufwand und somit die Präsenz ihrer künstlerischen Intervention; dadurch wird der Betrachter provoziert, seine Wahrnehmung zu intensivieren. Zum anderen schafft sie eine Zustand fortgesetzter Ambivalenz zwischen einer rein formalen Auffassung von Kunst, die auf konkret benennbare Parameter setzt, und einem semantisch überhöhten Verständnis, das grafische, malerische, plastische oder sonstige Äußerungen als Botschaften begreift – Botschaften, in denen mythologische, historische,…

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