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Titel: Im Netz der Systeme · S. 290 - 293
Titel: Im Netz der Systeme , 1989

Hank Bull
Radio als Kunst

»Zeit ist der Gedanke in Bewegung«
Larry Dubin

Radio ist unsichtbare Skulptur.

Radio kommt aus dem Dschungel.

Radio entsteht aus sprechenden Trommeln, Kirchenglocken, Hörnern, Vögeln und Stimmen.

Radio gehört zum Raumfahrtzeitalter.

Radio ist schüchtern, jemand der in dein Ohr flüstert.

Radio ist ein Massenmedium, holt die Leute von der Straße und isoliert sie in ihren Häusern.

Radio ist kapitalistischer Terrorismus.

Radio zersetzt den Staat.

Es gibt weder Modernismus noch Postmodernismus.

Radio ist Teil der elektronischen Revolution.

Die elektronische Revolution, da ist ein Telephon im Auto und ein Anruf ins Büro, während man zum Flughafen fährt. Und telephonieren kann man jetzt auch schon vom Flugzeug aus. Jedermann ist eine Radiostation im Gespräch mit einer anderen Radiostation. Alle kaufen und verkaufen wie verrückt. Das ist reines Radio. Das Wort “Radio” ist letztlich eine Kurzform von Radiotelegraphie. Dies ist Radio als Privatsache, als Interaktion zwischen Individuen, als Konversation. Es gibt einen Unterschied zwischen dieser Form von Radiokommunikation und dem staatlichen oder kommerziellen Radio, das zu einer Massenzuhörerschaft sendet. Man kann sich nicht mit Radio Simbabwe unterhalten. Es spricht. Du hörst zu. Der Zuhörer darf nicht antworten. Die Massenmedien kommunizieren nicht, sie entfremden.

Mit McLuhans Worten: “Marx hat das Medien-boot verpaßt.”

Die traditionelle marxistische Theorie sah Zeitungen, Radio und alle Massenmedien nur als eine spezielle Form von Produktionsmitteln an. Man mußte nur einfach die Kontrolle über den Radiosender erlangen, bevor man den Palast stürmte. Dann zeigte Bert Brecht auf, daß es egal ist, wer das Radio in der Hand hat – solange es dem Hörer die eigene Stimme verweigert, solange steht der Palast….


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