Relektüren
Rainer Metzger
Folge 47
„Wenn die Philosophie ihr Grau in Grau malt, dann ist eine Gestalt des Lebens alt geworden, und mit Grau in Grau lässt sie sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen; die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug“. Wenn es an Hegels Diktum vom „Ende der Kunst“ geht, dann dürfen diese Sätze aus seiner „Rechtsphilosophie“ (hier zitiert nach Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Frankfurt 1972, S. 14) nicht fehlen. Das Wappentier der Weisheit startet in die Dunkelheit hinein, und die Dinge sind beschlossen wie der Tag, der längst schon dämmert. Die Philosophie malt ihr Grau in Grau, wie Hegel, der bei allem Denken gern auch Dichten betreibt, sehr schön formuliert. Und wie es aussieht, haben sich der Philosophie gern einmal die Buchgestalter angeschlossen. Die Texte, die der Kunst in Folge ihr Ende angesonnen haben, kamen gern einmal in monolithischer Grisaille daher, Arnold Gehlens 1960er „Zeitbilder“ etwa mit ihrem Gedanken der Kristallisation oder Hans Beltings 1983er „Das Ende der Kunstgeschichte?“ mit seinem Frage- als Ausrufezeichen. Aber auch „Die Ästhetik des Widerstands“, der Roman genannte Endzeitentwurf von Peter Weiss aus den Jahren 1975 bis 1981. Alles Grau in Grau.
Hegel also, der Herold der Verspätetheit. „In allen diesen Beziehungen ist und bleibt die Kunst nach der Seite ihrer höchsten Bestimmung für uns ein Vergangenes. Damit hat sie für uns auch die echte Wahrheit und Lebendigkeit verloren und ist mehr in unsere Vorstellung verlegt, als dass sie in der Wirklichkeit ihre frühere Notwendigkeit behauptete…