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Report · von Ingo Arend · S. 348 - 351
Report , 2017

Are you still alive? Zwischen Aufbruch und Verzweiflung:

Noch sitzt kein Bildender Künstler im Gefängnis am Bosporus. Aber die Spielräume für die Szene werden enger.
von Ingo Arend

Gestylte Hipster, Freaks mit Rotweingläsern, küssende Männer mit Trimmbärten. Wen nach dem gescheiterten Staatsstreich und den Querelen um die Biennalen in Sinop am Schwarzen Meer und in Çanakkale an den Dardanellen die Angst überfallen hatte, die Kunst am Bosporus stünde kurz vor der Inhaftierung, traute Anfang Oktober seinen Augen nicht: Übermütig feierte ein junges urbanes Publikum da einen rauschenden Saisonauftakt.

Bomontiada, der neue Hotspot im Stadtteil Şişli, eine alte Bierfabrik, quoll zum Saisonauftakt nicht nur von Nachtschwärmern über, die in den Musikclub Babylon wollten. Auch der im Frühjahr neu eröffnete „Alt Art Space“ in dem coolen Kreativquartier platzte aus allen Nähten. Und zwar nicht nur, weil die Ästhetik der Immersion, mit der die Ausstellung „New Realities“ der New Yorker Kunstmesse Moving Image in den vor Jahresfrist eröffneten Ort lockte, die technikaffine Jugend anzog.

Alt Art lockte auch mit Politischem: „Bakunins Barrikade“, die Installation des türkischen Künstlers Ahmet Öğüt, die an des russischen Anarchisten Idee erinnerte, die Barrikaden der Aufständischen von 1848 gegen die Preußen mit Kunstwerken zu schützen, rief demonstrativ die Street-Art des Gezi-Aufstands 2013 in Erinnerung. Aber im Bomontiada ließ die Ordnungsmacht sich genauso wenig blicken wie bei der Langen Nacht im Pera Müzesi.

In dem privaten Museum der millionenschweren Unternehmerfamilie Koç im Touristenbezirk Beyoğlu zeigte die US-Künstlerin Katherine Behar digitale Skulpturen. Im Café heizten genauso DJs ein wie in dem „Salonu“ der Istanbuler Stiftung Kunst…

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