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Magazin · S. 505 - 505
Magazin , 1989

Schlaffes Drahtseil

KARLHEINZ SCHMID ÜBER DIE DEUTSCHEN KUNSTVEREINE

Wer ihn kennt, weiß ganz genau, daß da ein falsches Bild im Umlauf ist. Er liebt weder halbe Sachen, noch hat er jemals den Anschein erweckt, eine gespaltene Persönlichkeit zu sein. Es geht um Peter Weiermair, Direktor des Frankfurter Kunstvereins. Der läßt seit langem eine Fotografie kursieren, die ihn, zweifellos zum Gotterbarmen, angeschnitten zeigt. Der halbe Weiermair, 1986 von seinem Haus- und Leibfotografen Walter Kranl abgelichtet, soll sich am linken Bildrand behaupten, also dort, wo für den stämmigen Kunstregisseur gar kein Platz ist.

Die Aufnahme, entstanden in der Schirn am Frankfurter Römerberg, wo nun bis zum 21. Mai die zweite “Prospect”-Ausstellung von Weiermair stattfindet, zeigt im übrigen reichlich Leerraum. Weit und breit keine Kunst für ohnehin müde Augen. Eine Wohltat? Eine Freizone? Mitnichten, weil symptomatisch für die Situation der deutschen Kunstvereine, jene Begegnungsstätten von Weltkünstlern und Platzhirschen, von Kosmopoliten und Protokollanten. Während die eine Hälfte um Innovation bemüht ist, lechzt die andere nach günstigen Jahresgaben. Während einige Mitglieder fernab modischer oder kommerzieller Bewegungen mentale An- und Aufregung suchen, erklimmen andere eine weitere Schaubühne vermeintlich hochgesellschaftlicher Art. Pluralismus, mitunter auch Demokratismus, vereinzelt Schickimismus. Die weiße Wand als gemeinsamer Nenner.

Was Wunder, daß ein Mann wie Weiermair einäugig für die eigene Sache wirbt, nämlich für die Super-Schau “Prospect”, den Flankenschutz der “Art Frankfurt”. Immerhin hat er 1988, freilich ohne direkten Blick vor die Frankfurter Tür, forsch erklärt: “Immer stärker dominieren die Großereignisse in der Ausstellungslandschaft, immer eindeutiger repräsentieren sie auch einen Machtanspruch der Städte, die sich auf dieser…

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