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Titel: Imitation und Mimesis · S. 270 - 277
Titel: Imitation und Mimesis , 1991

»Seinen Augen nicht mehr trauen«

Paul Virilio über Zeit, Beschleunigung und (Fernseh-)bilder

Der Golfkrieg: Das Gefühl des Dabeiseins vernichtet die Reflexion, meint der französische Essayist Paul Virilio in einem Interview mit der französischen Programmzeitschrift “Télérama”. Virilio, Autor zahlreicher auch auf deutsch erschienener Bücher, darunter “Geschwindigkeit und Politik” und “Krieg und Kino”, analysiert seit fünfzehn Jahren das Verhältnis von Bildern und Gewalt. Hier einige Passagen aus dem “Télérama”-Interview:

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Trotz ihres mörderischen Charakters: Wie finden Sie die neue Fernsehserie mit dem Titel “Von der Invasion in Kuwait zum Krieg am Golf?”

Sie illustriert perfekt Kiplings Satz, wonach “das erste Kriegsopfer die Wahrheit ist”. Seit dem 2. August leben wir im Innern eines Theaters, sind Zuschauer einer Inszenierung. Wir haben in einer vollständigen Fiktion gelebt. Angesichts des Krieges muß man nicht nur Kriegsdienstverweigerer sein, sondern auch die Objektivität seines Anblicks in Frage stellen. Man darf seinen Augen nicht mehr trauen. Alles ist, wenn nicht getürkt, so doch von einem oder mehreren Regisseuren zumindest arrangiert. Von Saddam Hussein auf der einen und CNN auf der anderen Seite.

Wer war der Gerissenste von beiden?

Ted Turner, der big Boss von CNN. Seit zehn Jahren errichtet er das Theater der “Realzeit”, des “Live”, das uns dazu bringt, für wahr zu halten, was man live sieht. Die Vorgänge in Rumänien hätten uns indes eine Lektion erteilen sollen.

Hat die Omnipräsenz der Medien, von CNN im besonderen, das Wesen des Konflikts verändert?

Vollkommen. Der Krieg findet von jetzt ab in einem Stadion statt, vor rechteckigem Horizont mit Blick auf die Zuschauer auf einer Tribüne. Folglich bleibt…

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