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Titel: Kunst und Sport · von Norbert Bolz · S. 132 - 139
Titel: Kunst und Sport , 2004

NORBERT BOLZ
SPORT ALS ÄSTHETIK DER ZUKUNFT

Friedrich Nietzsche hat das Posthistoire, die Zeit des letzten Menschen, so beklemmend geschildert, dass man sich sofort fragt: Wie könnte es anders sein? Wer könnte anders sein? Bekanntlich war Nietzsches eigene Antwort der “Übermensch”. Doch wer könnte das sein? Oswald Spengler hat einen Namen genannt: Cecil Rhodes. Joseph Schumpeter hat einen Typus gezeichnet: den Unternehmer. Das ist der Mann mit dem fabelhaften Mut, das Neue gegen den Strich der ökonomischen Vernunft auf dem Markt durchzusetzen. Das war noch einmal eine Art Übermensch: der Unternehmer als Held. Damals erschien der wirtschaftliche Wettbewerb als letzter Schauplatz des Thymos, das heißt der Ehre, des Stolzes und der Anerkennung. Es ist das große Verdienst von Francis Fukuyama, auf diesen altgriechischen Begriff wieder aufmerksam gemacht zu haben. Vor allem die deutschen Intellektuellen scheinen gegenüber dieser fundamentalen Dimension des gesellschaftlichen Lebens blind zu sein. Das kann man nicht einfach nur auf das Nazi-Trauma zurückführen. Schon Clausewitz hatte bemerkt, dass die Deutschen Ehre und Ruhm nur in der denunziatorischen Fassung als Ehrgeiz und Ruhmsucht kennen.

Dass es in der Wirtschaft um mehr und anderes geht als um Bedürfnisse und Genuss, macht der Workaholic genau so klar wie das neue Marketing. Der Workaholic arbeitet “agonal”, gewissermaßen im Wettbewerb mit sich selbst – er ist kein homo oeconomicus, sondern ein Süchtiger, bzw. Sportler. Er macht seine Millionen nicht, um sie einmal zu genießen, sondern um …? Und genau so zielt das Marketing nicht auf die Erfüllung von Bedürfnissen, sondern erfindet immer neues Begehren. New…


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